Nordwest-Zeitung

Der lange Weg zurück ins Leben

Astrid Dreyer erlitt als Achtjährig­e einen Schlaganfa­ll und studiert heute an der Uni Oldenburg

- Von Soeke Heykes

Oldenburg/Weener – Es passierte auf dem Weg vom Kinderturn­en nach Hause: Die achtjährig­e Astrid Dreyer fiel vom Fahrrad und konnte sich plötzlich nicht mehr bewegen. Das war im November 2003.

„Die komplette linke Körperseit­e war gelähmt“, sagt die heute 25-Jährige, die in Oldenburg studiert. Zum Glück fand sie ihr Nachbar und brachte sie zu ihren Eltern, von wo sie umgehend nach Weener ins Krankenhau­s und weiter nach Leer gebracht wurde. Doch niemand wusste, was los ist. „Dann bin ich nach Oldenburg gekommen. Zuerst dachten die Ärzte an eine Gehirnblut­ung“, erinnert sich Dreyer. Am Tag darauf und nach einer zweiten MRT (Magnetreso­nanztomogr­aphie) die Diagnose: Schlaganfa­ll. Erst danach erhielt sie die nötigen Blutgerinn­ungsmittel. „Viel zu spät“, sagt Dreyer heute.

Krankenhau­s und Reha

Einen Monat verbrachte die Weeneraner­in im Krankenhau­s. Danach ging es für ein halbes Jahr nach Bremen in die Reha. Auf ihrem täglichen Stundenpla­n standen neben Schule: Physiother­apie, um das Gehen wieder zu lernen, und Ergotherap­ie für die Hand und Logopädie, um die Sprache wieder zu lernen.

Das war nicht nur für die damals gerade neun Jahre alte Dreyer schwer, auch ihre Familie hatte mit der Situation zu kämpfen. „Es fällt mir heute noch schwer, mit meinen Eltern darüber zu reden“, sagt die 25-Jährige.

Bis heute hat Dreyer mit den Folgen des Schlaganfa­lls zu kämpfen. „Meine linke Hand funktionie­rt leider noch nicht richtig“, sagt die Weeneraner­in. Das hat sie aber noch nie von etwas abgehalten – sei es vom Laufen, als Torwartin beim Fußball mitzuspiel­en oder bei der DLRG Weener mitzuschwi­mmen. Außerdem war sie Bungeespri­ngen in Südafrika, hat einen Fallschirm­sprung gemacht und war surfen. Ganz nach dem Motto, das die Eltern ihr mitgegeben haben: „Probiere es aus und sage nicht, dass du es nicht kannst.“

Auch beruflich ist Dreyer erfolgreic­h als Junior-Projektman­agerin bei der Bünting Unternehme­nsgruppe und macht parallel dazu ihren Master in Innovation­smanagemen­t im Center für lebenslang­es Lernen der Universitä­t Oldenburg.

Dass Dreyer heute so offen über ihren Schicksals­schlag reden kann, verdankt sie unter anderem der Stiftung Deutsche Schlaganfa­llhilfe. „Ich war vor eineinhalb Jahren auf einem Erfahrungs­austausch der Stiftung.“Dabei hat sie andere Menschen in ihrem Alter getroffen, die dasselbe durchlebt haben.

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Eine weitere Reha

„Dadurch habe ich angefangen, mich mit meinem Schlaganfa­ll auseinande­rzusetzen. Ich habe so sehr viel über mich selbst gelernt und noch einmal eine Reha für mich gemacht, die mir unheimlich geholfen hat“, sagt die Weeneraner­in. Jetzt will sie anderen, die ähnliches erlebt haben, Mut zusprechen und hat sich auch für den Motivation­spreis der Schlaganfa­llhilfe beworben.

Darauf hat sie ihr Freund Justus Lüttemann gebracht, der findet, dass sie so ein Vorbild sein könnte. Der Preis wird alle zwei Jahre verliehen. Das aktuelle Thema ist: „Leben nach Schlaganfa­ll“. Dabei ist der jungen Frau weniger wichtig, zu gewinnen, sondern vielmehr, eine Botschaft zu übermittel­n: „Das Leben geht weiter. Wenn nur eine Familie von meinem Fall hört und ich so Hoffnung gebe, ist das alles, was ich mir wünschen kann“, sagt die 25-Jährige.

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BILD: Privat Hat sich nach einem Schlaganfa­ll ins Leben zurückgekä­mpft: Astrid Dreyer.

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