Das Rad in die 30er Jahre zurückgedreht
Werkstatt von Geerd Hilmers hat sich kaum verändert – Geschäft vor zwei Jahren geschlossen
Hier wache ich: Katze „Schwein“(heißt wirklich so) passt im Lager gut auf.
Bürgerfelde – Ein Stahlrahmen an dem zwei Fahrradfelgen hängen, darüber ein Reklameschild, „Hilmers Fahrräder“ist darauf zu lesen, auf der anderen Seite steht „Hilmers Fahrradreparatur“. Verkauft oder repariert wird hier an der Lambertistraße allerdings längst nicht mehr, Werkstatt und Geschäft sind geschlossen. Geerd Hilmers genießt den Ruhestand.
In seiner Werkstatt und dem Lager, das sich über das gesamte Gebäude erstreckt, hat sich seit der Eröffnung des Unternehmens im Jahr 1934 kaum etwas verändert. Das Werkzeug und die Fahrradteile liegen da, als ob die Zeit stehen geblieben wäre. Das ist sie irgendwie auch. Der Betrieb von Geerd Hilmers wurde von dessen Vater Otto gegründet, im Geburtsjahr des heute 86Jährigen. So mancher Oldenburger hat im Lauf der Jahrzehnte sein Fahrrad dort gekauft oder reparieren lassen.
Den Krieg hat Geerd Hilmers unbeschadet überstanden, 1952 begann er in Kassel eine Ausbildung zum Großhandelskaufmann, die er in Hamburg zwei Jahre später fortsetzte. In der Hansestadt an der Elbe ist er ein paar Jahre geblieben, kehrte dann aber in seine Heimatstadt zurück und stieg im Geschäft seines Vaters ein, das florierte. Die beiden
Zu jeder Schraube passt eine Mutter: In dieser Kiste herrscht ein geordnetes Chaos. betrieben einen Fahrradgroßhandel, aus dem Ersatzteile und Fahrräder in die gesamte Region geliefert wurden. „Auch auf die Ostfriesischen Inseln“, erzählt der 86-Jährige. Die Kundenkartei von damals existiert heute noch, Hunderte Karteikarten stecken in den Schüben. Hühner hatten sie auch, Eier wurden verkauft – und Sämereien.
Weithin sichtbares auffälliges Markenzeichen des Geschäfts waren die Lieferfahrzeuge, zunächst ein Hanomag und dann ein VW LT, ein Transporter mit Plane über der Ladefläche. Beide Fahrzeuge waren knallorange lackiert.
Ein Locheisen: Geerd Hilmers hat damit Löcher gestanzt.
Wo sie auftauchten, wusste man, dass Geerd Hilmers unterwegs war. An der Werkstatt, der Einrichtung, Schrauben, Kugellagern, Klingeln, Lampen oder Lenkern haben Museen Interesse geäußert. Einige Ersatzteile stammen noch aus dem Gründungsjahr des Bürgerfelder Unternehmens,
sind also fast 90 Jahre alt.
Wer nun glaubt, dass in dem chaotisch wirkenden Lager keine Ordnung herrscht, sieht sich getäuscht. Hilmers weiß genau, wo welches Teil zu finden ist – alles eine Frage der Organisation und des guten Gedächtnisses.