Mit Handgranaten Fische gefangen
Versammlungsgebäude der NSDAP in der Haarenniederung
Bloherfelde/Haarentor – Karl-Heinz Bonk erinnert sich noch sehr gut an die ersten Monate und Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges. Mit seinen Freunden bestand er manch gefährliches Abenteuer. Seine Erinnerungen daran hat er aufgeschrieben:
„Eines Tages hatte einer meiner Freunde eine der kleinen Handsirenen aufgetan und machte damit Krach. Das gehörte jetzt zum Spielalltag.
Es war erstaunlich, wie viele Waffen und Munition noch herumlag. Die ehemaligen Parteimenschen hatten ihre Uniformen in den Gräben verschwinden lassen. Natürlich warnten uns die Eltern, vorsichtig zu sein, doch das Spielen war dennoch ganz schön gefährlich.
Die Jungen, die zum Kriegsende noch Dienst in der Hitlerjugend gemacht hatten, beschafften sich herumliegende Stiel-Handgranaten. Mit denen übten wir den Weitwurf im unbebauten Gebiet an der Haaren und begeisterten uns an der Explosion. Mit Handgranaten ging man auch auf Fischfang im Flussbett der Haaren. Wenn eine Handgranate im Wasser explodierte, platzten den Fischen die Luftblase und sie schwammen danach tot auf der Wasseroberfläche. Wie gefährlich und zugleich rücksichtslos so etwas war, verstanden wir erst später.
Unter der Haarenbrücke am Haarenfeld entdeckten wir im Wasser mehrere Panzerfäuste, die wir herausholten. Ein älterer Mann hat uns aber von der Zerstörungskraft dieser Waffen berichtet.
Weiter in der Haarenniederung auf einem Hügel, bewachsen mit großen Büschen und Bäumen, bauten wir uns eine Festung und glaubten, so frei zu sein. Dort hatte sich die NSDAP ein reetgedecktes Versammlungsgebäude gebaut, das Kameradschaftsheim. Dort sammelten wir große Mengen von Maschinengewehr-Munition ein und transportierten sie zu unserer Festung. Im verlassenen Partei-Haus entdeckten wir noch eine große Hakenkreuzfahne, die wir zunächst in unserer Festung in einen Baum hängen wollten. Doch dann wurden wir von den fremden Soldaten (Kanadier) entdeckt und verfolgt. Ich konnte unsere Fahne noch retten und nahm sie mit nach Hauschufen se. Mutter war entsetzt. Sie verschenkte sie an eine Nachbarin, die aus dem roten Fahnenstoff ein wirklich hübsches Kleid für ihre Tochter nähte.
Eine besondere Überraschung bescherten uns die Befreier aber doch: Überall stapelten sich die leeren Benzinkanister. Die sammelten wir, banden sie mit Tauen und Drähten zusammen und
uns so schwimmfähige Flöße. Die Touren über das Wasser der Haaren waren wochenlang unser besonderes Erlebnis. Bei der vielen Freizeit mussten wir aber auch viel mithelfen im kleinbäuerlichen Betrieb unserer Mutter. Es gab Schafe, Schweine, Kaninchen und über 4000 Quadratmeter Ackerfläche. Da gab es immer viel zu tun. Wir lernten, dass man satt wird nur durch Mitarbeit. Wir waren zu der Zeit, was das Essen und Trinken anbetraf, gut dran, begriffen haben wir es erst viel später.“