Mehr als 50 Kinder in einer Schulklasse
Tafel, Griffel, Stifte und Hefte zunächst Mangelware
Bloherfelde/Haarentor – Das war für uns Schüler damals zunächst ein schönes Gefühl. Nach dem Ende des Kriegs genossen wir die Freiheit und die zunächst ungewohnte Ruhe ganz ohne Bombenalarm und Geschützdonner.
Der Sommer 1945 schritt voran und dann hieß es auf einmal: Die Schule geht wieder los. Unsere Mutter versorgte uns mit heiler Kleidung. Schon das war nicht so selbstverständlich. Sie nähte, stopfte, flickte, aber zum neuen Schulbeginn standen wir gut da. Ich hatte sogar einen schönen Schulranzen und eine Schiefertafel. Das war nicht selbstverständlich, vieles war nur unter der Hand zu bekommen oder im Tauschhandel. Tafel, Griffel, Stifte und Hefte gab es zunächst nicht zu kaufen. Auf dem Schwarzmarkt kostete ein Griffel eine Menge. Ein Heft ließ sich nur beschaffen, wenn man dafür im Tausch 200 Gramm Altpapier ablieferte.
Meine Schule befand sich an der Hauptstraße in Eversten. Gegründet 1872/1901 war sie schon damals in die Jahre gekommen und war unzer
geblieben. Stolz betraten wir jetzt den Schulhof, wo uns die alten Laubbäume begrüßten. Rektor Karl Hartjen schaffte es ganz fix, die große Schüler-Zahl in Klassenstärken zu ordnen. Jetzt nach dem Kriege waren es wesentlich mehr Schüler als vorher... Zu unserer alten Klasse waren jetzt viele Flüchtlings- und Vertriebenenkinder dazu gekommen.
In den Klassen gab es zunächst Platz-Probleme. Die Klassenstärke überschritt die
50 und es mussten Zweit- und Drittklassen eingerichtet werden. Später folgte dann noch der Schichtunterricht. Auch wir mussten nun oft nachmittags zur Schule kommen.
„Und du willst ein Deutscher sein?“herrschte ein älterer Lehrer einen Schüler an, der ihm in seiner schlesischen Mundart geantwortet hatte. Doch dieses Problem löste sich ganz schnell von selbst. Viel problematischer war es, dass eine ganze Reihe Schüler in sehr schlechter Kleidung erstört schienen war, was ganz besonders das Schuhwerk betraf. Wir hatten von Zuhause her Holzschuhe oder Sandalen, doch manche der neuen Schüler trugen Lappen an den Füßen oder kaputte Strümpfe oder waren einfach barfuß erschienen.
(...) In der Klasse saßen wir ziemlich eng auf den alten Bänken aus Holz. Auf den Pultoberflächen entdeckten wir überall alte Einritzungen. An der oberen Kante des Pults befand sich ein Tintenfass, aber erst später auch Tinte. (...)
An einer Seite des Raums stand ein großer Kanonenofen. Der wurde noch zum Problem, denn als es draußen kälter wurde, konnte der nicht beheizt werden, denn es gab kein Brennmaterial. Wir Schüler wurden gebeten, etwas Brennbares mitzubringen. Für daheim hatten wir Torf als Brennstoff, den wir aus Petersfehn bekamen. So manchen Torfsoden habe ich damals mit zur Schule getragen. (...) Einmal in der Woche gab es Sport, der anfangs aber nur auf dem Schulhof stattfand. Erst später nutzten wir auch die Jahnwiese an der Hauptstraße und nur einmal die alte Turnhalle am Hoyersgang.