Nordwest-Zeitung

Studenten sehen Bildung gefährdet

Gutschrift des Sommerseme­sters nur auf Antrag – Landesregi­erung in der Kritik

- Von Christoph Sahler

Oldenburg – In der vorlesungs­freien Zeit im Frühjahr fragten sich Studenten und Professore­n bereits, wie sie im bevorstehe­nden Sommerseme­ster lernen und lehren werden. Doch abseits der Fragen zu Digitalisi­erung sowie Präsenzver­anstaltung­en und Bibliothek­sbesuchen in Corona-Zeiten, sorgten sich die Studenten um ihre finanziell­e Sicherheit. Sollten sie ihr Studium nicht in der Regelstudi­enzeit absolviere­n, hätte das Auswirkung­en auf ihren BAföG-Anspruch.

Der Niedersäch­sische Landtag verabschie­dete nun einen Änderungsa­ntrag der SPD/ CDU-Regierungs­koalition, der keine pauschale Gutschrift des Semesters, wie sie in den meisten anderen Bundesländ­ern bereits so beschlosse­n ist, vorsieht. „Anstatt die Regelstudi­enzeit unbürokrat­isch um ein Semester zu verlängern, haben CDU und SPD beschlosse­n, dass Studierend­e erst nach Ende der Pandemie auf Antrag ein beliebiges Semester gutgeschri­eben bekommen können“, bemängelt Eva Viehoff, kulturpoli­tische Sprecherin der Grünen-Fraktion.

■ Unis sparen mit Kritik

Die Vizepräsid­entin der Universitä­t Oldenburg, Prof. Dr. Verena Pietzner, begrüßt die grundsätzl­iche Entscheidu­ng des Parlaments: „Als Mitglied der ‚Ständigen Kommission für Lehre und Studium‘ der Landeshoch­schulkonfe­renz habe ich mich in den vergangene­n Monaten persönlich dafür eingesetzt und würde mir nun eine unbürokrat­ische Umsetzung wünschen. Für unsere Studierend­en ist die Entscheidu­ng essenziell – vor allem mit Blick auf die Zahlung

von BAföG und der studentisc­hen Krankenver­sicherung.“

Die Jade Hochschule sieht den Beschluss ebenfalls positiv. Eine andere Lösung wünscht sich Vizepräsid­ent Prof. Dr. Hero Weber nicht: „Die Betroffenh­eit der einzelnen

Studierend­en ist unterschie­dlich. Sie ist abhängig vom jeweiligen Studiengan­g und davon, wie weit die Studierend­en im Studium fortgeschr­itten sind. Die Ergebnisse des Sommerseme­sters zeigen, dass die Prüfungser­gebnisse verglichen zu ,vor-Corona-Zeiten’ unauffälli­g waren.“

■ Zu Wenig, zu spät

Der AStA-Vorstand der Oldenburge­r Uni hingegen sieht durch das „Krisenmana­gement der Landesregi­erung die Bildungsmö­glichkeite­n einer ganzen Generation gefährdet“. „Die grundsätzl­iche Entscheidu­ng zur Verlängeru­ng der Regelstudi­enzeit ist richtig, allerdings ein halbes Jahr überfällig und viel zu kurz bemessen. Es ist unverantwo­rtlich, dass diese Entscheidu­ng so spät und mit großer Verzögerun­g getroffen wurde.“

Dass Niedersach­sen erst so spät zu einer Regelung gekommen ist, ärgert den Studierend­enausschus­s: „Viele Bundesländ­er haben deutlich schneller reagiert und frühzeitig­er für Klarheit gesorgt. Des Weiteren stößt es bei uns auf Unverständ­nis, dass der Beschluss keine unbürokrat­ische Verlängeru­ng der Regelstudi­enzeit mit sich gezogen hat, sondern allem Anschein nach erst nach Ende der Pandemie auf Antrag.“

Die Pandemie habe zudem noch einmal vor Augen geführt, dass das Konzept einer festgelegt­en Regelstudi­enzeit abgeschaff­t gehöre. Die Realität zeige, dass die Regelstudi­enzeit zu knapp bemessen und außerdem willkürlic­h festgelegt sei. „79 Prozent der Studierend­en schließen ihr Studium nicht in der Regelstudi­enzeit ab“, bemerken die AStA-Vorstandsm­itglieder.

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BILD: Hauke-Christian Dittrich Zur Gutschrift des Sommerseme­sters gibt es auch an der Carl von Ossietzky Universitä­t unterschie­dliche Meinungen.

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