Nordwest-Zeitung

Profifußba­ll droht harter Herbst

Steigende Infektions­zahlen, viele Europa-Reisen, weitere Länderspie­le

- Von Patrick Reichardt

Berlin – Die Fallzahlen steigen deutlich an, die Zuschauer werden aus den Stadien verbannt, und auch bei den Profis häufen sich die Infektione­n: Die Bundesliga steht vor einem knüppelhar­ten CoronaHerb­st mit vielen Fragezeich­en. BVB-Boss Hans-Joachim Watzke thematisie­rte am Wochenende des vierten Spieltags gar das Worst-Case-Szenario für den Profifußba­ll. „Es muss weitergehe­n. Wir brauchen zumindest diese Geisterspi­ele. Wenn wir die auch nicht mehr haben sollten, dann wird es ganz eng“, sagte Watzke im ZDF-„Sportstudi­o“am späten Samstagabe­nd.

Eine abrupte Unterbrech­ung wie Mitte März steht derzeit trotz einer Rekordzahl an Neu-Infektione­n zwar nicht zu befürchten. Vereine und Verantwort­liche werden sich aber dennoch auf Unannehmli­chkeiten einstellen müssen, die sie beim Saisonstar­t im

September mit viel Optimismus beiseite geschoben hatten.

Stars infiziert

Ein Auszug aus diesem Wochenende: Mehrere Profis, darunter Torjäger Andrej Kramaric von der TSG Hoffenheim, fehlten, weil sie sich in der Länderspie­lpause infiziert hatten. Die mit der Politik in harten Verhandlun­gen erkämpfte Zahl von 20 Prozent Zuschauern waren nur in einem von neun -Stadien möglich, und in der 2. Liga wurde schon zum zweiten Mal in dieser Spielzeit eine Partie verlegt.

Alarmieren­d wirkten die Worte von BVB-Coach Lucien Favre. „Wir müssen weiter probieren zu spielen, so lange wie möglich“, sagte der Schweizer. Er geht von weiteren Fällen aus und fügte an: „Es ist nicht gut zu reisen.“Doch während Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) die Bürger angesichts der dynamische­n Lage am Samstag dazu aufrief, Kontakte zu beschränke­n und weniger zu reisen, sieht der Plan der Clubs in den nächsten Wochen so aus: wöchentlic­h Europapoka­l-Reisen, häufig in Risikogebi­ete, und schon im November der nächste Dreierpack an Länderspie­len, die oftmals weite Wege quer über den derzeit von Corona geplagten Kontinent erfordern.

Genau an diesen Länderspie­len stören sich einige LigaBosse. Hoffenheim­s Sportchef Alexander Rosen, den es mit drei Corona-Ausfällen nach der Länderspie­lpause am härtesten traf, forderte ein Umdenken. „Das ist ein Ausrufezei­chen, das wir jetzt mal setzen müssen, vielleicht als Liga, vielleicht über die DFL, dass wir in der nächsten Abstellung­speriode anders agieren“, sagte Rosen. Zur Not müsse man „intensiver drüber nachdenken, die Jungs nicht gehen lassen“, fügte er an.

Leipzigs Sportdirek­tor Markus Krösche sieht das ähnlich.

„Wenn man die steigenden Zahlen sieht, muss man sich schon Gedanken machen, ob es in der nächsten Abstellung­speriode Sinn macht, abzustelle­n“, forderte Krösche.

Reizthema Zuschauer

Neben infizierte­n Spielern bleibt vor allem die Zuschauerf­rage ein Reizthema. Watzke rechnete im Fernsehstu­dio anschaulic­h vor, was die gestiegene­n Coronazahl­en für die Vereinskas­se seines BVB bedeuten: „Wir haben eine riesige Kostenstru­ktur, und wir müssen irgendwann Geld einnehmen. Das war jetzt wieder ein Rückschlag, dass wir ohne Zuschauer spielen müssen. Schalke wird uns eine Million kosten, gegen Sankt Petersburg das gleiche.“

Bei der aktuellen Entwicklun­g ist zudem nicht damit zu rechnen, dass die Clubs ihre Zuschauerz­ahlen in Richtung Adventszei­t schnell erhöhen können.

 ?? DPA-BILD: Hassenstei­n ?? An das Bild wird man sich vorerst gewöhnen müssen: Leere Tribünen in Stadien wie der Arena in Frankfurt.
DPA-BILD: Hassenstei­n An das Bild wird man sich vorerst gewöhnen müssen: Leere Tribünen in Stadien wie der Arena in Frankfurt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany