Zwei, die anderen helfen wollen
NDR zeigt Langzeitdokumentation über Polizeianwärter – Akademie in Oldenburg
Oldenburg/Stade/Freren – Sie wollen Polizeibeamte werden, Zeynep Yalcin aus Stade und Gabriel Ben aus dem Emsland. Davor steht erst einmal ein Auswahlverfahren, zu dem auch die Prüfung körperlicher Fitness zählt. Die Regisseurinnen Sonja Kättner-Neumann und Lisa Wolff haben die beiden Bewerber für den Polizeidienst 2017 bei dem Auswahlverfahren in Hannoversch Münden kennengelernt.
Aus einer Reportage über Polizeibewerber wurde eine Langzeitdokumentation, die die Ausbildung der Polizeiaspiranten über drei Jahre hinweg dokumentiert. Am 21. Oktober, ab 0 Uhr (in der Nacht zu Mittwoch, 21. Oktober) wird das Ergebnis dieser LangzeitDoku im NDR-Fernsehen gezeigt (bereits ab 20. Oktober auch in der NDR-Mediathek).
Reflektierte Bewerber
Der Dokumentarfilm erzählt die persönliche Geschichte der beiden Polizeianwärter. Und die Zuschauer dürfen mit ihnen vor dem entscheidenden Einstellungsgespräch bangen und sich mit ihnen freuen: „Ich habe eine Direktzusage“, rufen beide ihren Angehörigen am Telefon zu.
Mit ihren beiden Protagonisten haben die Regisseurinnen Glück gehabt – und damit auch die Zuschauer, die zwei junge, reflektierte Leute auf ihrem beruflichen Werdegang erleben. Beide haben einen Migrationshintergrund – Gabriel mit Eltern, die aus Polen stammen, und Zeynep mit türkischen Wurzeln. Die Elternhäuser haben die beiden Regisseurinnen in die Dokumentation miteingeflochten, wodurch der Blickwinkel auf den Polizeialltag noch einmal eine Facette mehr erhält.
Die Zuschauer erleben die beiden Polizeianwärter beim Studium an der Polizeiakademie Oldenburg, im Praktikum
bei Dienststellen in Stade und im Emsland, wo Verkehrsunfälle aufgenommen werden und die beiden erstmals mit der Polizeiwirklichkeit konfrontiert werden: Betrunkene, Drogenabhängige, Beziehungsstreit, ein Brand mit einem Todesopfer, ein Unfall mit einem verletzten Kind.
Diese „Blaulicht“-Bestandteile werden im Film kontrastiert mit den Gedanken, die Zeynep Yalcin und Gabriel Ben zu den Hoffnungen und Träumen
des Polizeialltags äußern – äußerst wertvolle Beobachtungen sind den beiden Regisseurinnen da gelungen: „Man fühlt sich irgendwie stärker“, sagt Zeynep Yalcin, als sie ihre Polizeiuniform bekommt.
Themen nicht ausgespart
Gabriel Ben erzählt über seinen durch Migrationserfahrungen geschulten Blick auf Außenstehende und verspricht für seine Tätigkeit als
zukünftiger Polizist: „Und ich werde ganz anders sein. Also, wenn ich das schaffen sollte, ich werde offen sein für alle Leute.“
Wann darf die Polizei Gewalt einsetzen? Ausgespart wird das Thema nicht. Den Regisseurinnen ist es gelungen, die durchaus kritische Diskussion unter Polizeianwärtern an der Akademie in Oldenburg zum Schlagstock-Einsatz einzufangen.
Die Polizeiakademie Oldenburg
habe übrigens nie in die Dreharbeiten eingegriffen oder den Film „abgenommen“. Nur bei Taktikbesprechungen musste die Kamera aus bleiben, versichert Regisseurin Lisa Wolff.
Eine sehenswerte und anregende Dokumentation mit äußerst sympathischen Protagonisten, die nichts am Polizeialltag beschönigt und trotz nachtschlafender Sendezeit vielleicht über die Mediathek ihre Zuschauer findet.