Nordwest-Zeitung

Tanzen verboten – Sex mit Maske erlaubt

Auch das Bordell „Barotik“und der Swingerclu­b „Haus Sandersfel­d“erleben eine Krise

- Von Anna-Lena Sachs

Wardenburg/Sandersfel­d – Mitte März wurde es langsam weniger – die E-Mails blieben aus, das Telefon stand still. Am 15. März musste der Swingerclu­b „Haus Sandersfel­d“im Kreis Oldenburg dann aufgrund der Corona-Pandemie komplett schließen. Für Inhaber André Bäcker eine gewaltige Umstellung, denn zuvor hat die Betreuung des Hauses sieben Tage die Woche in Anspruch genommen. „Das war schon komisch“, sagt der 61Jährige. Doch seit Anfang September dürfen bordellähn­liche Betriebe und Bordelle wieder öffnen. Das Geschäft läuft allerdings schleppend. Werden die Betriebe trotz ? Corona angenommen

Zunächst war die Freude groß, weil der monatelang­e Stillstand endlich endete. Doch: Nur 25 Prozent der Gäste kommen derzeit ins „Haus Sandersfel­d“. Vor der Pandemie kamen an den Wochenende­n bis zu 200 Personen, derzeit dürfen maximal 100 Gäste in die Räumlichke­iten gelassen werden, erklärt Bäcker. Zudem hat der Swingerclu­b nur samstags geöffnet. Eine vorherige Anmeldung im Internet ist Pflicht. „Wir hätten normalerwe­ise drei Tage die Woche geöffnet, aber dadurch, dass wir nur noch ein Viertel der Gäste überhaupt erreichen, würden wir es nicht schaffen, alle drei Tage wirtschaft­lich zu gestalten“, erklärt Geschäftsf­ührer Zoran Kovac.

Auch das „Barotik“in Wardenburg kämpft in der Corona-Krise ums Überleben. Das Bordell hat zwar ebenfalls seit Anfang September wieder geöffnet, doch die Kunden bleiben aus. Die Betreiber Karsta Seidel, Siegfried Rast und Bianca Scharmga vermuten, dass das an den strengen Auflagen liegt. Denn jeder Kunde muss jetzt in dem Gewerbe, in dem Diskretion das oberste Gebot ist, seine Kontaktdat­en hinterlass­en und diese per Ausweis bestätigen. „Das kommt überhaupt nicht gut an. Seitdem bleiben auch die Kunden tatsächlic­h aus. Das möchte keiner“, erklärt Seidel. Welche Hygienevor­schriften ? gelten

Neben der Erfassung der Kontaktdat­en ist der Betrieb im „Barotik“nur durch die strengen Hygienevor­schriften möglich. „Es ist hier eigentlich nicht anders als in jedem Restaurant“, sagt Seidel. Kunden müssen in dem Bordell eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen – nur wenn sie an einem Tisch Platz nehmen, kann diese abgenommen werden.

Laut der aktuellen CoronaVero­rdnung des Landes Niedersach­sen herrscht in Bordellen zudem ein Alkoholver­bot, und Kunden sowie Prostituie­rte müssen auch während der sexuellen Dienstleis­tung eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen. Tanzen ist in dem Betrieb derzeit verboten.

Als bordellähn­licher Betrieb hat das „Haus Sandersfel­d“ebenfalls einen strikten Hygienepla­n erarbeitet. Die sogenannte­n Swinger-Begegnungs­räume werden zudem stundenwei­se an maximal sechs Personen vergeben, erklärt Kovac. Laut dem 46-Jährigen wird für jeden Raum ein entspreche­ndes Belegungsp­rotokoll mit Kontaktdat­en geführt. Nach jeder Benutzung werden die Räume gereinigt, desinfizie­rt und gelüftet. Auch hier ist Tanzen verboten, Alkohol darf der Club jedoch ausschenke­n.

Darüber hinaus ist der Swingerclu­b seit der Wiedereröf­fnung ein reiner Frauenund Paareclub, sagt der Geschäftsf­ührer. Soloherren werden nicht mehr zugelassen, da das „Haus Sandersfel­d“nicht als „Ersatz-Bordell“dienen soll. „Viele Menschen haben ein ganz falsches Bild vom Swingerclu­b“, sagt Kovac. Es gehe nicht darum, wilde Orgien zu feiern.

Welche Folgen hatte die ? monatelang­e Schließung

„Das war eine Katastroph­e für uns“, sagt Seidel vom „Barotik“. „Wir wussten nicht, wie es weitergehe­n soll.“Das Bordell konnte sich nur mit Erspartem und der Corona-Soforthilf­e über Wasser halten.

Ein weiteres Problem: „Es ist wirklich alles in die Illegalitä­t abgerutsch­t“, erklärt die 52Jährige. Immer mehr Sexarbeite­rinnen haben während der Schließung der Bordelle ihre Dienste illegal angeboten.

Der Swingerclu­b in Sandersfel­d hat in den Sommermona­ten kurzerhand als Biergarten eröffnet, um den Gästen einen Treffpunkt zu bieten. „Wir kämpfen um jeden Euro“, sagt Kovac. Nach derzeitige­m Stand könne der Swingerclu­b noch bis Frühjahr überleben – jeder weitere Euro würde laut dem Geschäftsf­ührer diese Zeit verlängern. Dennoch überwiegt die Freude über die Wiedereröf­fnung: „Endlich ist wieder Betrieb in dem Haus. Das Telefon klingelt wieder. Auch die Gäste, die schon lange herkommen, sind sehr erfreut, dass sie endlich wieder ‚zu Hause‘ sind“, sagt Bäcker.

 ?? DPA-Bild: Scholz ?? Im Bordell „Barotik“in Wardenburg läuft das Geschäft in der Corona-Pandemie nur schleppend. Auch die Gäste des Swingerclu­bs „Haus Sandersfel­d“sind noch verhalten.
DPA-Bild: Scholz Im Bordell „Barotik“in Wardenburg läuft das Geschäft in der Corona-Pandemie nur schleppend. Auch die Gäste des Swingerclu­bs „Haus Sandersfel­d“sind noch verhalten.

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