Nordwest-Zeitung

„Wir haben weiter keine spezifisch­e Therapie“

- Von Andreas Herholz

Die Corona-Infektions­zahlen steigen sprunghaft an. Dr. Susanne Johna, Vorsitzend­e des Marburger Bundes, klärt über die Kapazitäte­n des deutschen Gesundheit­swesens und mögliche Behandlung­smethoden von Covid-19 auf.

Frau Johna, die Corona-Infektions­zahlen sind sprunghaft angestiege­n. Teilen Sie die Bedenken der Regierung?

Johna: Ich bin besorgt über die steigenden Infektions­zahlen auch bei älteren Menschen, die besonders gefährdet sind. Aber auch bei jüngeren Menschen kann es, insbesonde­re bei Begleiterk­rankungen, zu schweren Verläufen kommen. Über mögliche Langzeitfo­lgen wissen wir noch sehr wenig. Es ist deshalb richtig, ein klares Lagebild zu zeichnen und auf Konsequenz­en hinzuweise­n, sollte sich der aktuelle Trend fortsetzen.

Ist unser Gesundheit­swesen ausreichen­d auf eine zweite Infektions­welle vorbereite­t?

Johna: Ja, wir sind grundsätzl­ich gut vorbereite­t. Wir haben aber schon jetzt große Probleme bei der Kontaktnac­hverfolgun­g. Die Gesundheit­sämter sind völlig überlastet. Das war absehbar. Hier müssen wir mehr fachkundig­e Kräfte mobilisier­en. Ärztinnen und Ärzte aus den Medizinisc­hen Diensten der Krankenkas­sen wären eine große Hilfe, damit der öffentlich­e Gesundheit­sdienst

neben allen Aktivitäte­n rund um Corona auch seine vielen anderen wichtigen Aufgaben wahrnehmen kann.

Sind bei der Behandlung von Covid-19 Fortschrit­te zu verzeichne­n?

Johna: Die meisten Medikament­e, die auf ihre Wirksamkei­t hin untersucht wurden, haben leider keinen echten Therapieer­folg gezeigt. Remdesivir kann die Krankheits­dauer verkürzen. Dexamethas­on, das nur bei Patienten eingesetzt wird, die Sauerstoff benötigen oder beatmet werden, wirkt gegen die überschieß­ende Immunreakt­ion des Körpers und ist ebenso wie Remdesivir mit erhebliche­n Nebenwirku­ngen verbunden. Insofern wissen wir zwar mehr über eine sinnvolle Behandlung als im Frühjahr, haben aber weiter keine spezifisch­e Therapie in der Hand.

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Dpa-BILD: Hessen

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