„Wir haben weiter keine spezifische Therapie“
Die Corona-Infektionszahlen steigen sprunghaft an. Dr. Susanne Johna, Vorsitzende des Marburger Bundes, klärt über die Kapazitäten des deutschen Gesundheitswesens und mögliche Behandlungsmethoden von Covid-19 auf.
Frau Johna, die Corona-Infektionszahlen sind sprunghaft angestiegen. Teilen Sie die Bedenken der Regierung?
Johna: Ich bin besorgt über die steigenden Infektionszahlen auch bei älteren Menschen, die besonders gefährdet sind. Aber auch bei jüngeren Menschen kann es, insbesondere bei Begleiterkrankungen, zu schweren Verläufen kommen. Über mögliche Langzeitfolgen wissen wir noch sehr wenig. Es ist deshalb richtig, ein klares Lagebild zu zeichnen und auf Konsequenzen hinzuweisen, sollte sich der aktuelle Trend fortsetzen.
Ist unser Gesundheitswesen ausreichend auf eine zweite Infektionswelle vorbereitet?
Johna: Ja, wir sind grundsätzlich gut vorbereitet. Wir haben aber schon jetzt große Probleme bei der Kontaktnachverfolgung. Die Gesundheitsämter sind völlig überlastet. Das war absehbar. Hier müssen wir mehr fachkundige Kräfte mobilisieren. Ärztinnen und Ärzte aus den Medizinischen Diensten der Krankenkassen wären eine große Hilfe, damit der öffentliche Gesundheitsdienst
neben allen Aktivitäten rund um Corona auch seine vielen anderen wichtigen Aufgaben wahrnehmen kann.
Sind bei der Behandlung von Covid-19 Fortschritte zu verzeichnen?
Johna: Die meisten Medikamente, die auf ihre Wirksamkeit hin untersucht wurden, haben leider keinen echten Therapieerfolg gezeigt. Remdesivir kann die Krankheitsdauer verkürzen. Dexamethason, das nur bei Patienten eingesetzt wird, die Sauerstoff benötigen oder beatmet werden, wirkt gegen die überschießende Immunreaktion des Körpers und ist ebenso wie Remdesivir mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden. Insofern wissen wir zwar mehr über eine sinnvolle Behandlung als im Frühjahr, haben aber weiter keine spezifische Therapie in der Hand.