Er gilt als größter Künstler des Landes
Vor 400 Jahren schuf Ludwig Münstermann Altar für St. Sixtus und Sinicius in Hohenkirchen
Die Ludwig-Münstermann-Gesellschaft erinnert an den Bildhauer, der im Norden zahlreiche Kunstwerke hinterlassen hat. Fragen an den Vorsitzenden der Münstermann-Gesellschaft, Dr. Dietmar Ponert.
Herr Dr. Ponert, der Altar in der Gau-Kirche in Hohenkirchen besteht seit 400 Jahren. Was ist das Besondere an ihm? Ponert: Zunächst einmal stammt der Altar von dem Bildhauer Ludwig Münstermann, er ist – nicht nur nach meiner Auffassung – der größte Künstler des Oldenburger Landes. Und in dem Altar stellt er sein Verständnis, oder vielmehr das seiner Auftraggeber, vom Sakrament des Abendmahls dar. Das, was ihn von anderen Altären jener Zeit unterscheidet: Das Abendmahl erscheint im Zentrum einer fantastischen Inszenierung aber als unmittelbare Wirklichkeit. Das ist eine Botschaft, die man auch heute verstehen kann, dass man Gemeinschaft erlebt beim mitmenschlichen Teilen von Wein und Brot.
Welche Rolle haben die Auftraggeber gespielt? Vor 400 Jahren war ein Glaubenskrieg, der Dreißigjährige Krieg, ausgebrochen.
Ponert: Kirchenkunst sollte helfen, die lutherischen Glaubensinhalte künstlerisch zu vermitteln. Möglicherweise haben die beiden Pastoren aus Hohenkirchen, Lubbertus Glanaeus und Theodorus Grimmius, Ludwig Münstermann in Varel aufgesucht, wo er 1614 den Altar der Petri-Kirche (Schlosskirche) aufgestellt hatte. Sie wollten einen neuen Altar für ihre Kirche, nach modernstem Kunst-Geschmack und geschmückt mit bildlichen Darstellungen im Sinne des reformatorisch-lutherischen Glaubens.
Haben die Gläubigen in Hohenkirchen die Botschaft des Altars verstanden? Ponert: Oh ja. Man muss dazu
wissen, dass es nur wenige Male im Jahr das Abendmahl gab, Chor und Altar waren durch Schranken abgetrennt. Man ging beim Abendmahl um den Altar herum. In seiner Mitte sahen sie den szenisch ansteigenden Raum eines himmlischen Theaters, den unsichtbar einfließendes Licht göttlich erleuchtet. Das war wie eine Vision des eigenen Glaubens.
Wie will die Ludwig-Münster- mann-Gesellschaft an den Künstler erinnern? Ponert: In Corona-Zeiten ist das alles ein bisschen schwieriger. Aber es findet zur Feier des 400-jährigen Bestehens des Altars in Hohenkirchen ein Gottesdienst statt am Sonntag, 25. Oktober, dem Sonntag vor dem Reformationsfest. Die Gesellschaft tagt dann auch. Sie besteht seit
drei Jahren und hat 50 Mitglieder.
Sie haben viele Aufsätze und Bücher über Münstermann veröffentlicht. Seit wann beschäftigen Sie sich mit ihm? Ponert: Ich beschäftige mich seit der Schulzeit mit ihm, später auch im Studium. Und ich war Anfang der 60er Jahre bei Restaurierungsarbeiten dabei, als man die ersten
Münstermann-Werke vor dem Verfall rettete. Die Figuren waren oftmals übermalt und verfremdet.
Gibt es einen Wunsch für den Altar in Hohenkirchen? Ponert: Ursprünglich war das Fenster hinter dem Altar größer und ließ die Abendmahlszene regelrecht erleuchten. Vielleicht kann man das wieder herstellen.