Punkband setzt wieder musikalische Duftmarken
Nach Jahren voller Knatsch – aber ohne Album – sind „Die Ärzte“zurück aus dem Studio
Berlin – Ohne Wumms geht es vermutlich nicht. Nach acht Jahren voller Querelen zwischen den Musikern, mit nur wenigen Auftritten und kaum neuer Musik meldet sich die 1982 gegründete Berliner Punkband „Die Ärzte“mit einem Album zurück.
Schon in den Charts
Erste Duftmarken sind schon gesetzt: Die zweite Single-Auskopplung „True Romance“landete direkt auf Platz eins der Charts. Zuvor kletterte „Morgens Pauken“schon auf Platz drei. Das fulminante Album „Hell“(VÖ 23. Oktober) von Bela B (57), Farin Urlaub (56) und Rodrigo Gonzalez (52) verspricht weitere Erfolge, vor
allem aber: Es gibt jede Menge Musikspaß. „Es ist eine unserer besten Platten“, sagt Schlagzeuger Bela B im Gespräch. Die 18 Stücke von „Hell“belegen nachhaltig,
dass der Satz keine leere Phrase eines Musikers über sein jüngstes Werk ist. „Diese Mischung ist echt geil“, ergänzt Gitarrist Urlaub und nennt den hörbaren Grund: „Jeder von uns schreibt Songs, die die anderen beiden niemals schreiben würden.“
So ist „Hell“ein sehr vielseitiges Ärzte-Album geworden. Harte Rockriffs bilden eine Soundwall neben gezupfter Streicherromantik, erstklassiger Pop findet sich neben Kurt Weillscher Avantgarde, schunkelnder Bierfröhlichkeit oder wildem Oi!-Punk.
Auf Schippe genommen
Punk? So nonkonformistisch und provozierend „Die Ärzte“einst begonnen haben mögen, wird das Rebellische bei den längst arrivierten Musikern immer wieder infrage gestellt. Das haben sie mit der ersten Auskopplung „Morgens Pauken“selbst auf die Schippe genommen, wenn sogar blank geputzte D-Aufkleber und Chardonnay zu Punk erklärt werden. „In den 90ern ging es los mit Golf-Punk und Business-Punk“, sagt Urlaub. „Und dann hieß Punk: wir sind alle sowieso ein bisschen anders und eigentlich stecken wir alle unter einer Decke. Der Song ist die finale Abrechnung mit jedem, der für sich in Anspruch nehmen will, dass er eigentlich auch Teil cooler Subkultur ist.“
Für Urlaub ist „Hell“ein „relativ“politisches Album. Es seien Alltag und Dinge, „mit denen wir uns beschäftigen“, sagt Bela B, „dazu gehören blöderweise auch der Rechtsruck, die rechtspopulistischen Auswüchse der letzten Jahre.“Aber: „Alles garniert mit der Albernheit und Leichtigkeit der Ärzte.“