Die Reaktion der Fachklinik
Oldenburg/am – Einen Platz für seinen Sohn Wladislav in der Kinder- und Jugendpsychiatrie des Marien Hospitals Papenburg Aschendorf (Kreis Emsland) ist der Traum von Viktor Litau. Eine Kontaktaufnahme hat es gegeben. „Mir wurde gesagt, dass die Klinik Wladislav nicht aufnehmen kann, weil der Zuständigkeitsbereich sich nicht auf Oldenburg erstreckt“, sagt Viktor Litau.
Auf Rückfrage unserer Redaktion erläutert Denise Kiesow, Referentin für Presseund Öffentlichkeitsarbeit des Marien Hospitals das Einzugsgebiet der Einrichtung: „In Bezug auf die Kinder- und Jugendpsychiatrie und -Psychotherapie gehören zu unserem Einzugsgebiet die Landkreise Emsland, Leer, Norden, Aurich, Grafschaft Bentheim sowie die Stadt Emden.“
Als Klärungsstelle für Notfälle werde die Versorgungsverpflichtung um die Landkreise Wilhelmshaven und Vechta erweitert. Oldenburg gehöre demnach nicht mehr in das (erweiterte) Einzugsgebiet des Marien Hospitals. Die Zuständigkeit sei vom Gesetzgeber geändert worden, was auf die Bettenkapazitäten in und um Oldenburg zurückzuführen sei.
Nichtsdestotrotz hat sich Dr. Filip Caby, Chefarzt der Kinder- und Jugendpsychiatrie, für ein Treffen mit Viktor Litau und seinem autistischen Sohn bereiterklärt. Ein Termin für die kommende Woche wurde bereits vereinbart.
Die Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychotherapie und -psychosomatik in Aschendorf wurde 1994 gegründet. Die Institutsambulanz der Abteilung betreut im Jahr etwa 3200 Patienten und hat zudem 65 vollstationäre Plätze – auch für die Unterbringung besonders schutzbedürftiger Kinder und Jugendlicher.
Muss jederzeit aufpassen, dass sein Sohn sich nicht selbst verletzt: Viktor Litau (rechts) fährt seit eineinhalb Jahren mit seinem Wladislav im Auto durch Oldenburg.
Oldenburg – Viktor Litau ist am Ende. Und das gleich in mehrfacher Hinsicht. Der Familienvater ist gesundheitlich angeschlagen, kommt finanziell nur mit Hilfe von Freunden über die Runden und lebt mit der permanenten Sorge, dass seinem Sohn Wladislav etwas passiert.
Denn der Zehnjährige leidet unter Autismus in einer sehr ausgeprägten Form. „Wladislav spricht nicht und ist aggressiv gegen sich selbst und andere Menschen“, fasst der Vater das Krankheitsbild knapp zusammen. Nur wenn er mit dem Jungen im Auto unterwegs ist, verhalte er sich einigermaßen ruhig.
„Wenn wir zum Beispiel in unserer Wohnung sind, schlägt Wladislav mit seinem Kopf oder mit seinen Fäusten gegen die Zimmerwände und
die Türen. Es kommt auch vor, dass er mich oder meine Frau angreift“, beschreibt der Vater. Deshalb verbringt er so viel Zeit wie irgend möglich mit seinem Sohn im Auto. Und das bereits seit eineinhalb Jahren, jeden Tag.
Ein hilfloser Vater
„Ich weiß nicht, was ich noch machen soll“, sagt der 40-Jährige, der seit Mai krankgeschrieben ist, weil es ihm selbst nicht gut geht. Zeit für einen Besuch beim Arzt hat er nicht, denn Wladislav braucht eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung.
Eine ambulante medikamentöse Einstellung seines Sohnes sei laut ärztlicher Einschätzung nicht möglich. Auch die Oldenburger Kinderklinik habe ihm bestätigt, dass der Zehnjährige in einer Klinik für Autisten untergebracht werden müsse.
„Ich würde mir wünschen, dass Wladislav dauerhaft in so einer Einrichtung untergebracht wird, doch das hat bisher nicht geklappt“, sagt Viktor Litau. Die Kinder- und Jugendpsychiatrie im Klinikum Oldenburg sei mit so einem Fall überfordert. „Da kann man ihn nur ruhigstellen und sedieren. Aber das will ich nicht. Das wäre das Ende für meinen Sohn“, sagt der Vater.
Die nächste qualifizierte Einrichtung sei in seinen Augen die Kinder- und Jugendpsychiatrie des Marien Hospitals Papenburg Aschendorf. „Ich habe Kontakt aufgenommen, wurde aber mit dem Hinweis abgewiesen, dass das Krankenhaus nicht zuständig ist, weil wir nicht im Einzugsgebiet wohnen“, sagt Litau.
Hilfe hat der 40-Jährige auch an anderen Stellen gesucht. „Ich habe mit verschiedenen Ärzten gesprochen, bin im Kontakt mit dem Sozialpädiatrischen
Kinderzentrum Oldenburg, der Krankenkasse, dem Autismus-Therapie-Zentrum und dem Jugendamt der Stadt“, sagt Litau. Doch bisher sei es nicht möglich gewesen, eine in seinen Augen adäquate Lösung zu finden.
Dabei verschärft sich die Situation. Das Auto der Familie ist alt und durch den Dauereinsatz verschlissen. „Ich weiß nicht, wie lange der Wagen noch fahrbereit ist, lange wird er nicht mehr halten. Ein neues Auto kann ich mir nicht leisten“, ist sich Litau sicher.
Aggressionen nehmen zu
Hinzu kommt, dass sich die Situation verschlechtert. „Die Aggressionen nehmen zu. Vor einigen Tagen war ich mit Wladislav in der Notaufnahme, weil er sich heftig am Kopf verletzt hat. Zum Glück wurde ein neurologischer Schaden ausgeschlossen.“
Weil sein Sohn häufig blaue Flecken und andere Verletzungen hat, stand auch schon die Polizei vor der Tür der Familie. „Ich wurde angezeigt, weil Leute dachten, dass ich meinen Wladislav misshandle“, sagt Litau. Die Beamten hätten sich ein Bild von der Situation gemacht und seien wieder gegangen. „Der Bericht des Einsatzes liegt auch dem Jugendamt vor“, sagt der 40-Jährige, der verzweifelt ist und zu drastischen Mitteln greift, um seiner Forderung nach einer adäquaten Unterbringung seines Sohnes Nachdruck zu verleihen.
„Ich habe heute mit einem Hungerstreik begonnen“, sagt er am Montagmorgen im Gespräch mit unserer Redaktion. Das Amt für Teilhabe und Soziales sowie das Jugendamt seien über diesen Schritt informiert. „Für meinen Sohn bin ich bereit, bis zum Äußersten zu gehen.“