Hier sauste 1884 das letzte Mal das Fallbeil nieder
Verbrechen aus der Oldenburger Vergangenheit – Scharfrichter Krauts bereitete sich akribisch vor
Oldenburg – Für Scharfrichter Julius Krauts war es eine Premiere: Er hatte zwar schon 20 Verurteilte hingerichtet, aber noch nie mit einem Fallbeil. Das sollte nun in Oldenburg passieren. Dafür reiste der Scharfrichter aus Berlin an. Am 17. Juli 1884 um 6 Uhr verlor der Mörder Harm E. Junker auf dem Hof des Oldenburger Gefängnisses seinen Kopf. Es war die letzte Hinrichtung mit der Guillotine in Oldenburg.
In seinem Buch „Wahre Kriminalgeschichten aus dem Oldenburger Land“erzählt Dirk Faß von diesem Ereignis. Er zitiert dazu aus der „Oldenburger Zeitung“, die den Scharfrichter nicht von seiner „Reklamesucht“freisprechen mochte. Denn der sei bald nach seinem Eintreffen in Oldenburg in der Redaktion erschienen, „um sich über die Art des Verbrechens des Delinquenten zu informieren“.
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Der Mörder und die TAt
Zum Tode verurteilt worden war Harm Junker (38), der aus Remels stammte, weil er am 21. Februar 1884 den Osternburger Handelsmann Gerhard Steenken überfallen, ermordet und ausgeraubt hatte. Die Beute betrug 45 Mark.
Junker war kein unbeschriebenes Blatt. Weil er seine Braut getötet hatte, war er bereits zehn Jahre zuvor vom Schwurgericht Aurich zu einer Zuchthausstrafe von zwölf Jahren verurteilt worden. Wegen guter Führung wurde er nach neun Jahren „vorläufig“entlassen. Und war bald wieder hinter Gittern. Nach dem
Mord an Gerhard Steenken kam man dem 38-Jährigen schnell auf die Spur. Schon zwei Tage nach der Tat wurde er verhaftet, berichtet damals die Zeitung. Junker habe alles abgestritten, später aber ein umfassendes Geständnis abgelegt: „Der Entschluss, den Händler Steenken zu überfallen, sei plötzlich entstanden. Sein Opfer habe er solange mit dem Kopf unter Wasser gehalten, bis der Tod eingetreten sei“, heißt es im Buch von Dirk Faß. Ein Gnadengesuch Junkers lehnte der Großherzog ab.
Und so kam es zur Hinrichtung – unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Denn die letzte öffentliche Hinrichtung in den 1840er Jahren in Friesoythe soll „ein großes Volksfest“gewesen sein.
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Der Scharfrichter
Akribisch bereitete sich Scharfrichter Julius Krauts auf seine Aufgabe vor. Die „Oldenburger Zeitung“begleitete das Geschehen bis zur Vollstreckung mit. Sie berichtete davon, wie die Guillotine im Beisein Krauts’ im Innenhof aufgestellt wurde. Die Fallbeilmaschine stammte von der Direktion des Celler Gefängnisses. Von einer Demonstration der Funktionsweise des Fallbeils erfährt man aber erst Jahre später aus der „Wildeshauser Zeitung“.
Die zitiert aus Berlinern Blättern. Ein Oldenburger Pferdehändler hatte sich als „Versuchsobjekt“zur Verfügung gestellt, heißt es dort. Als der Scharfrichter beschrieb, welchen Stöpsel er ziehen müsse, um das Beil auszulösen, habe der Mann vor Schreck fast seiTrotzdem wurde das „Hotel zur Hunte“wie die Oldenburger ihr altes Gefängnis nannten bis zum Jahr 2007 immer noch genutzt. Endgültig geschlossen wurde es 2013.
Tatortführungen
werden in der Innenstadt und in Osternburg angeboten.
Tickets
@ www.ticket2go.de
Feste Gruppen
können die Führungen auch exklusiv buchen: museen@stadt-oldenburg.de odert 235-2881.
Jeden Mittwoch stellen wir einen Kriminalfall aus Oldenburg vor. Alle Folgen unter
@ www.NWZonline.de/tatortnordwesten