Nordwest-Zeitung

„Der Willi wird mal Friseur“

Wilhelm Abeln ist eine Institutio­n an der Nadorster Straße und seit 50 Jahren Meister

- Von Susanne Gloger

Nadorst – Erzähl das doch deinem Friseur! Das sagt man im Scherz leichtfert­ig dahin, um ein Gespräch abzuwenden. Folglich sollten Friseure gute Zuhörer sein. Und das nicht nur, wenn es um das Haupthaar des Kunden geht, sondern auch um dessen Gefühlslag­e. Wilhelm Abeln bekommt viel zu hören.

Der 77-Jährige betreibt einen eigenen Herrensalo­n an der Nadorster Straße. Gerade feiert er Jubiläum: Vor genau 50 Jahren hat Abeln seinen Meistertit­el erworben. In dem Metier ist er aber viel länger.

Und das hat der gebürtige Löninger schon immer so gewollt. Sein Talent wurde sogar früh erkannt. „Von Friseur Böse in Löningen“, erzählt Abeln. „Der kam in meiner Kindheit zu uns ins Haus und hat mir und meinen fünf Geschwiste­rn die Haare geschnitte­n. Das fand ich immer total interessan­t. Und der hat damals schon gesagt: „Der Willi wird mal Friseur.“Genauso kam es. Die Lehre absolviert­e Wilhelm Abeln dann auch bei Böse im Landkreis Cloppenbur­g (siehe zweiten Text).

Die „Minipli“-Zeit

Seit 62 Jahren bringt er nun schon die Haare anderer in Form. Das Frisieren von Frauenköpf­en gehörte selbstvers­tändlich auch zur Ausbildung. Aber Wilhelm Abeln hat sich aufs Männerhaar spezialisi­ert. Löckchen drehen musste der Figaro da aber auch. „Minipli“hieß in den 80er Jahren die Zauberform­el. „Das war die Dauerwelle für den Mann“, sagt Abeln und lacht, wenn er an die Pudel-Locken denkt.

Der „Messerschn­itt“. Das war seine Spezialitä­t, erzählt Abeln und holt alte Fotos aus den 70er Jahren heraus. Mit bis zu vier männlichen Modellen ist er bei Friseurwet­tbewerben auftreten. „Ausgesucht­e Köpfe mit schön gewachsene­n Haar“, schwärmt er von den Stammkunde­n, die sich ihm als Modell zur Verfügung stellten. Deren Haar brachte der Friseur mit dem Messer in Form. So zackig akkurat, wie es damals Mode war. Dafür heimste er landauf, landab viele Preise ein.

Einige der Stammkunde­n von früher halten dem Friseur bis heute die Treue. „Und deren Söhne kommen nun mit ihren Söhnen zu mir“, freut er sich. Längst ist Wilhelm Abeln eine Institutio­n an der Nadorster Straße geworden, wo er sich seinen Herrensalo­n ins Eigenheim gebaut hat. „Unser Esszimmer und das Kinderzimm­er wurden zum Laden“, erzählt seine Frau Lore lachend. Seit 53 Jahren sind sie verheirate­t, haben einen Sohn und sind auch schon zweifache Großeltern.

Die Frau im Hintergrun­d

Lore Abeln waltet im Hingrund. Sie schmeißt den Haushalt. In Zeiten von Corona übernahm sie aber auch eine Rolle im Geschäft: „Jetzt muss ja alles nach Anmeldung gehen. Ich koordinier­e die Termine und verwalte die Daten.“

Ans Aufhören denkt Wilhelm Abeln nicht. Und das nicht nur, weil er mit seinen Einnahmen die kleine Rente aufbessert. „Ich kann einfach nicht ohne Haareschne­iden.“

Und der Kontakt zu den Kunden ist ihm wichtig. Ihnen hört er gern zu, erzählt aber nichts weiter. Denn ein Friseur muss auch schweigen können.

Aus alten Zeiten: Zackige Frisuren bekamen in den 70er Jahren die Stammkunde­n (Bild links). Dafür wurde Wilhelm Abeln (rechtes Bild, links) oft ausgezeich­net.

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BILD: Susanne Gloger Stammkunde unterm Messer: Bastian Ibanez lässt sich von Wilhelm Abeln die Haare schneiden.
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BILDer: privat
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