Warum sich der Stau nicht schnell auflöst
Landwirt erklärt langen Zyklus von Besamung bis Schlachtung – Nicht einfach anhalten
Essen (oldenburg)/Im Nordwesten – Die Schließung einiger Schlachthöfe und Zerlegebetriebe oder nur die Reduktion der Kapazitäten stellt die Schweinehalter in der Region vor ein großes Problem: Sie werden ihre Tiere nicht mehr los, gleichzeitig werden jedoch neue Ferkel geboren.
„Wir können nicht einfach ein Fließband anhalten und nach zwei Wochen wieder anstellen“, verdeutlicht Sauenhalter und Schweinemäster Martin Roberg aus Essen im Landkreis Cloppenburg das Problem. In anderen Industriebereichen würden Produkte zudem vorübergehend woanders untergebracht beziehungsweise zwischengeparkt – eine Möglichkeit, die bei der Tierhaltung natürlich ebenfalls wegfällt.
Welche Möglichkeiten bleiben den Landwirten also? „Wenn man reagieren will, muss man bei der Besamung der Sauen ansetzen“, sagt Roberg. Von der Besamung bis zur Geburt vergehen 115 Tage, anschließend müssen die Ferkel 85 Tage lang aufgezogen werden. Wer also jetzt weniger besamt, hat in 200 Tagen weniger Ferkel und kann erst dann zur Entlastung des Staus beitragen. Wie die Lage in 200 Tagen ist, kann jedoch keiner vorhersagen. „Der Preis, den der Sauenhalter für die Ferkel bekommt, geht rauf und runter. Wer das macht, hat dann möglicherweise keine Ferkel, wenn der Preis gut ist“, verdeutlicht Roberg das Risiko, dass die Sauenhalter dann tragen würden.
Arbeitsteilige Produktion
Denn die SchweinefleischProduktion ist zumeist arbeitsteilig organisiert: Ein Landwirt übernimmt die Sauenhaltung, also die Geburt und die Aufzucht der Ferkel und verkauft diese dann an den Mäster. Dieser verkauft die Tiere anschließend an den Schlachthof, ehe die Schweine an die Zerlegebetriebe abgegeben werden. Die Preise, die die Käufer zahlen, schwanken.
„Es gibt Mäster, die verkaufen ihre Schweine immer an den Schlachthof, wo sie gerade den besten Preis bekommen. Andere haben feste Bindungen
zu einem Schlachthof und melden ihre Tiere dort frühzeitig an“, erklärt Roberg. Diese Betriebe haben vorher eventuell weniger Geld bekommen, aber nun aufgrund der festen Bindung weniger Probleme, einen Abnehmer zu finden.
Roberg zieht die Ferkel auf und mästet sie. Doch auch er kann nicht „mal eben schnell“ reagieren. „Die Mast dauert 110 Tage“, erklärt der Landwirt. Insgesamt vergehen von Besamung bis zur Schlachtung rund 310 Tage. Damit also an diesem Mittwoch, 21. Oktober, weniger Schweine ihr Schlachtgewicht erreicht haben, hätten am 16. Dezember 2019 weniger Sauen besamt werden müssen.
Es wird eng
Wenn die Tiere zu lange im Stall sind, ergeben sich zusätzlich zum Platzproblem aufgrund der nachkommenden Tiere weitere Schwierigkeiten: „Das Futter wird deutlich schlechter verwertet, somit werden mehr Nährstoffe wieder ausgeschieden“, erklärt Roberg. Auch die Schlachthöfe zahlen weniger, wenn die Tiere zu schwer sind. Zudem brauchen die Schweine ab einem gewissen Gewicht mehr Platz, dies ist rechtlich vorgeschrieben.