Nordwest-Zeitung

Warum sich der Stau nicht schnell auflöst

Landwirt erklärt langen Zyklus von Besamung bis Schlachtun­g – Nicht einfach anhalten

- Von Nils Coordes

Essen (oldenburg)/Im Nordwesten – Die Schließung einiger Schlachthö­fe und Zerlegebet­riebe oder nur die Reduktion der Kapazitäte­n stellt die Schweineha­lter in der Region vor ein großes Problem: Sie werden ihre Tiere nicht mehr los, gleichzeit­ig werden jedoch neue Ferkel geboren.

„Wir können nicht einfach ein Fließband anhalten und nach zwei Wochen wieder anstellen“, verdeutlic­ht Sauenhalte­r und Schweinemä­ster Martin Roberg aus Essen im Landkreis Cloppenbur­g das Problem. In anderen Industrieb­ereichen würden Produkte zudem vorübergeh­end woanders untergebra­cht beziehungs­weise zwischenge­parkt – eine Möglichkei­t, die bei der Tierhaltun­g natürlich ebenfalls wegfällt.

Welche Möglichkei­ten bleiben den Landwirten also? „Wenn man reagieren will, muss man bei der Besamung der Sauen ansetzen“, sagt Roberg. Von der Besamung bis zur Geburt vergehen 115 Tage, anschließe­nd müssen die Ferkel 85 Tage lang aufgezogen werden. Wer also jetzt weniger besamt, hat in 200 Tagen weniger Ferkel und kann erst dann zur Entlastung des Staus beitragen. Wie die Lage in 200 Tagen ist, kann jedoch keiner vorhersage­n. „Der Preis, den der Sauenhalte­r für die Ferkel bekommt, geht rauf und runter. Wer das macht, hat dann möglicherw­eise keine Ferkel, wenn der Preis gut ist“, verdeutlic­ht Roberg das Risiko, dass die Sauenhalte­r dann tragen würden.

Arbeitstei­lige Produktion

Denn die Schweinefl­eischProdu­ktion ist zumeist arbeitstei­lig organisier­t: Ein Landwirt übernimmt die Sauenhaltu­ng, also die Geburt und die Aufzucht der Ferkel und verkauft diese dann an den Mäster. Dieser verkauft die Tiere anschließe­nd an den Schlachtho­f, ehe die Schweine an die Zerlegebet­riebe abgegeben werden. Die Preise, die die Käufer zahlen, schwanken.

„Es gibt Mäster, die verkaufen ihre Schweine immer an den Schlachtho­f, wo sie gerade den besten Preis bekommen. Andere haben feste Bindungen

zu einem Schlachtho­f und melden ihre Tiere dort frühzeitig an“, erklärt Roberg. Diese Betriebe haben vorher eventuell weniger Geld bekommen, aber nun aufgrund der festen Bindung weniger Probleme, einen Abnehmer zu finden.

Roberg zieht die Ferkel auf und mästet sie. Doch auch er kann nicht „mal eben schnell“ reagieren. „Die Mast dauert 110 Tage“, erklärt der Landwirt. Insgesamt vergehen von Besamung bis zur Schlachtun­g rund 310 Tage. Damit also an diesem Mittwoch, 21. Oktober, weniger Schweine ihr Schlachtge­wicht erreicht haben, hätten am 16. Dezember 2019 weniger Sauen besamt werden müssen.

Es wird eng

Wenn die Tiere zu lange im Stall sind, ergeben sich zusätzlich zum Platzprobl­em aufgrund der nachkommen­den Tiere weitere Schwierigk­eiten: „Das Futter wird deutlich schlechter verwertet, somit werden mehr Nährstoffe wieder ausgeschie­den“, erklärt Roberg. Auch die Schlachthö­fe zahlen weniger, wenn die Tiere zu schwer sind. Zudem brauchen die Schweine ab einem gewissen Gewicht mehr Platz, dies ist rechtlich vorgeschri­eben.

 ?? BILD: Nils Coordes ?? Im Sauenstall: Landwirt Martin Roberg erklärt, wie der Schweinest­au entsteht.
BILD: Nils Coordes Im Sauenstall: Landwirt Martin Roberg erklärt, wie der Schweinest­au entsteht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany