Streitthema schwächt Werders Gegner
Wie die Bremer auf den Hoffenheimer Frust aufgrund von drei Corona-Ausfällen reagieren
Bremen – Er war die heißeste Aktie im deutschen Fußball – bis die Länderspielpause kam. Andrej Kramaric traf an den ersten drei Spieltagen sechsmal für die TSG Hoffenheim. Sein Viererpack beim 4:0 in Dortmund am 34. Spieltag der Vorsaison war noch nicht vergessen, sein Dreierpack beim 3:2 in Köln ganz frisch, da schoss er sich spätestens mit seinem Doppelpack beim 4:1Sieg am 2. Spieltag gegen den FC Bayern ins Rampenlicht.
■ Die Länderspielreise
Dann kam die besagte Länderspielpause. Kramaric gewann am 7. Oktober mit Kroatien 2:1 in der Schweiz ein Freundschaftsspiel. Er schoss sein Land am 11. Oktober mit dem Tor zum 2:1 zum Sieg gegen Schweden in der Nations League. Und er verlor am 14. Oktober im gleichen Wettbewerb mit 1:2 gegen Weltmeister Frankreich. Danach kehrte Kramaric nach Deutschland zurück – und hatte sich mit dem Coronavirus infiziert.
■ Die Quarantäne
Dass Covid-19 den Torreigen des 29-Jährigen mit einem Marktwert von 27 Millionen Euro jäh gestoppt hat, ist bisher der prominenteste Fall im deutschen Profifußball. Seit der Reise befindet sich Kramaric in häuslicher Quarantäne, guckte sich das Hoffenheimer 0:1 gegen Dortmund am Samstag vom Sofa aus an und wird an diesem Sonntag (18 Uhr) bei Werder Bremen fehlen. Zudem verpasst er an diesem Donnerstag (21 Uhr) das Europa-League-Heimspiel gegen Roter Stern Belgrad.
■ Die weiteren Ausfälle
Dieser Ausfall trifft Hoffenheim hart, aber es kommt noch härter. Auch der ghanaische Innenverteidiger Kasim Adams kehrte mit dem Coronavirus infiziert von seiner Länderspielreise zurück. Und
der tschechische Außenverteidiger Pavel Kaderabek muss wegen eines Falls im familiären Umfeld für zwei Wochen in Quarantäne. Drei coronabedingte Ausfälle – zu viel für TSG-Sportchef Alexander Rosen, dem der Kragen platzte.
■ Der Frust
„Das ist ein Ausrufezeichen, das wir jetzt setzen müssen, vielleicht als Liga, vielleicht über die DFL, dass wir in der nächsten Abstellungsperiode anders agieren. Zur Not müssen wir intensiver drüber nachdenken, die Jungs nicht gehen zu lassen“, meckerte Rosen im TV-Sender Sky und hatte schon die nächste Länderspielpause in drei Wochen im Hinterkopf. Dann schimpfte er: „Die Clubs bezahlen die Spieler, arbeiten mit allem daran, dass die Abläufe ordnungsgemäß durchgeführt werden, und man hat das Gefühl, dass es den Verbänden einfach egal ist, Hauptsache durchgedrückt. So, wie es gelaufen ist, geht es definitiv nicht. Es ist unverantwortlich.“
■ Werders Verständnis
Dass vor allem Kramaric am Sonntag fehlen wird, spielt den Bremern natürlich in die Karten. Dennoch stellte sich Clemens Fritz am Dienstag hinter den Kontrahenten. „Ich habe volles Verständnis für die Hoffenheimer Situation. Das wünscht sich kein Verein“, sagte Werders Leiter Profifußball. Werder hatte seine Nationalspieler, die in einem Risikogebiet hätten spielen müssen, indes nicht freigestellt. Diese
Möglichkeit räumt der Weltverband Fifa den Vereinen ein. Lediglich Yuya Osako musste nach seinem Einsatz für Japan fünf Tage in Quarantäne. „Sicher kann man darüber diskutieren, ob Freundschaftsspiele in Land XY sein müssen“, gab Fritz zu Bedenken. Drei Spiele in einer Länderspielpause, „in vielen Fällen gepaart mit viel Reiserei“, seien eine enorme Belastung. „Ich denke, die Fifa ist sich darüber im Klaren. Wichtig ist, dass alle Beteiligten im Austausch bleiben, um die beste Lösung zu finden.“
■ Weitere Reaktionen
Nicht nur die Hoffenheimer beschäftigt das Streitthema, die Führungsköpfe mehrerer Spitzenvereine der Bundesliga übten zuletzt Kritik. „Wenn man die steigenden Zahlen sieht, muss man sich Gedanken machen, ob es in der nächsten Abstellungsperiode Sinn macht, abzustellen“, meinte Leipzigs Sportdirektor Markus Krösche: „Es ist für die Spieler und für die Vereine nicht optimal, dass der Rahmenterminkalender so eng ist“, sagte Dortmunds Lizenzspielerchef Sebastian Kehl, meinte aber auch: „Wir müssen damit umgehen, das sind in dieser Saison spezielle Herausforderungen.“