Nordwest-Zeitung

Mathe bald mit Maske?

In Hotspots soll der Mund-Nasen-Schutz im Unterricht getragen werden

- Von Stefan Idel, Büro Hannover

Hannover – Mathe mit Maske? Schülerinn­en und Schüler ab Klasse 5 sollen künftig auch im Unterricht einen MundNasen-Schutz tragen, wenn ihre Schule in einem CoronaHots­pot liegt. Diese Empfehlung gilt ab Montag für Niedersach­sens Schulen, teilte Kultusmini­ster Grant Hendrik Tonne (SPD) am Donnerstag mit. Die Regelung werde alle zwei Wochen überprüft. Die Masken-Empfehlung gilt nicht für Grundschül­er.

Kommunen reden mit

Tonne räumte ein, dass die Maske die pädagogisc­hen Möglichkei­ten einschränk­e. Sie sei aber ein gutes Mittel, um den Präsenzunt­erricht aufrechtzu­erhalten. Für eine Million Schüler im Land startet nach den Herbstferi­en am kommenden Montag wieder die Schule.

Die Empfehlung zum Maskentrag­en soll in den Kommunen ausgesproc­hen werden, wo die Zahl von 50 Neuinfekti­onen pro 100 000 Einwohner binnen einer Woche – der sogenannte Inzidenzwe­rt – überschrit­ten wurde. Auf eine flächendec­kende Regelung verzichtet das Land zunächst. Die örtlichen Gesundheit­sämter können aber weitergehe­nde Einschränk­ungen verfügen.

Bei einer höheren Infektions­lage wäre auch ein „Szenario B“denkbar: der Wechselbet­rieb, bei dem die Hälfte der Klasse wochen- oder tageweise zu Hause unterricht­et wird, oder gar komplette Schulschli­eßungen. Tonne sagte: „Szenario B wäre ein scharfer Einschnitt.“Daher müsse alles getan werden, um im Präsenzunt­erricht dem Bildungsau­ftrag nachzukomm­en. Eltern, Schüler und Lehrer bräuchten Verlässlic­hkeit.

Neu ist auch: Schüler mit Angehörige­n aus einer Risikogrup­pe können sich bei einem Inzidenzwe­rt von 35 mit einem Attest vom Präsenzunt­erricht befreien lassen. Auch für Schüler mit Unterstütz­ungsbedarf gibt es Ausnahmen. Tonne wies erneut auf die Bedeutung des Lüftens der Klassenräu­me hin.

Eltern unzufriede­n

Kritik kam vom Landeselte­rnrat: Angesichts der Infektions­lage sei es „grob fahrlässig“auf Biegen und Brechen am Regelbetri­eb festzuhalt­en, erklärte Vorsitzend­e CindyPatri­cia Heine. In vielen Schulen sei gar kein richtiges Lüften möglich. Florian Reetz, der Sprecher des Landesschü­lerrats, hält es für richtig, die Schulen so lange wie möglich offen zu halten.

Im deutschen Föderalism­us ist die Sache einfach: Das größte Bundesland, Bayern, lässt gern einmal die Muskeln spielen und möchte auch in der Corona-Krise einen Tick schneller sein. Das kleine Bremen hält sich eher hanseatisc­h vornehm zurück – wird aber kaum weniger effektiv sein als die Südländer. Aber gibt es in Niedersach­sen auch einen Taktgeber – etwa die Landeshaup­tstadt?

In dieser Woche übernahm die Region Hannover die Führungsro­lle. Der Kommunalve­rband, rund 1,2 Millionen Einwohnern in 21 Kommunen von Hannover bis Neustadt am Rübenberge, ist unter anderem zuständig für das öffentlich­e Gesundheit­swesen. Und so trägt nicht etwa Hannovers Oberbürger­meister Belit Onay die Verantwort­ung, wenn es um die Nachverfol­gung von Corona-Infektions­ketten oder die Bereitstel­lung zusätzlich­er Klinikbett­en geht, sondern Regionsprä­sident Hauke Jagau. Der erließ eine Allgemeinv­erfügung, die landesweit Beachtung fand: Seit Donnerstag gilt Maskenpfli­cht überall dort, wo sich Menschen begegnen können. In Gebäuden ebenso wie auf den Wertstoffh­öfen.

Für die Flure und Treppen der Niedersäch­sischen Staatskanz­lei gibt es da keine Ausnahme, erklärte Regierungs­sprecherin Anke Pörksen vor der Landespres­sekonferen­z. Prompt stellte sich die Frage, wer denn jetzt in der Hauptstadt das Sagen habe: der Ministerpr­äsident oder der Regionsprä­sident? In diesem Fall sitze Jagau, der im Herbst 2021 sein Amt abgibt, am längeren Hebel, hieß es.

Einzige Ausnahme: der Niedersäch­sische Landtag. Dessen Präsidenti­n Gabriele Andretta arbeitet allerdings auch an einer Allgemeinv­erfügung, die voraussich­tlich an diesem Freitag veröffentl­icht wird.

Was beim Corona-Contest unerwähnt blieb: Kommunen mit hohen Infektions­zahlen, darunter Delmenhors­t, nutzen ebenfalls längst den Instrument­enkasten, den die Landesvero­rdnung bereitstel­lt: ob Maskenpfli­cht oder Sperrstund­e. Und für Schülerinn­en und Schüler ist es längst üblich, dass sie auf „Verkehrsfl­ächen“– also im Treppenhau­s oder Flur – die Mund-Nase-Bedeckung tragen müssen.

Dem Kräftemess­en mit dem Coronaviru­s kann Oberbürger­meister Onay nur zuschauen. Er freut sich derweil, dass mit Baudezerne­nt Thomas Vielhaber, Personalde­zernent Lars Baumann und Sozialdeze­rnentin nach einem Jahr endlich die Führungspo­sitionen im Neuen Rathaus besetzt sind. „Es ist uns gelungen, kompetente Köpfe zu gewinnen“, sagte Onay, als er die Ressortche­fs vorstellte. Den Hut für den Infektions­schutz haben andere auf.

@ Den Autor erreichen Sie unter Idel@infoautor.de

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Stefan Idel über strenge Corona-Regeln im Großraum Hannover

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