Mathe bald mit Maske?
In Hotspots soll der Mund-Nasen-Schutz im Unterricht getragen werden
Hannover – Mathe mit Maske? Schülerinnen und Schüler ab Klasse 5 sollen künftig auch im Unterricht einen MundNasen-Schutz tragen, wenn ihre Schule in einem CoronaHotspot liegt. Diese Empfehlung gilt ab Montag für Niedersachsens Schulen, teilte Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) am Donnerstag mit. Die Regelung werde alle zwei Wochen überprüft. Die Masken-Empfehlung gilt nicht für Grundschüler.
Kommunen reden mit
Tonne räumte ein, dass die Maske die pädagogischen Möglichkeiten einschränke. Sie sei aber ein gutes Mittel, um den Präsenzunterricht aufrechtzuerhalten. Für eine Million Schüler im Land startet nach den Herbstferien am kommenden Montag wieder die Schule.
Die Empfehlung zum Maskentragen soll in den Kommunen ausgesprochen werden, wo die Zahl von 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen einer Woche – der sogenannte Inzidenzwert – überschritten wurde. Auf eine flächendeckende Regelung verzichtet das Land zunächst. Die örtlichen Gesundheitsämter können aber weitergehende Einschränkungen verfügen.
Bei einer höheren Infektionslage wäre auch ein „Szenario B“denkbar: der Wechselbetrieb, bei dem die Hälfte der Klasse wochen- oder tageweise zu Hause unterrichtet wird, oder gar komplette Schulschließungen. Tonne sagte: „Szenario B wäre ein scharfer Einschnitt.“Daher müsse alles getan werden, um im Präsenzunterricht dem Bildungsauftrag nachzukommen. Eltern, Schüler und Lehrer bräuchten Verlässlichkeit.
Neu ist auch: Schüler mit Angehörigen aus einer Risikogruppe können sich bei einem Inzidenzwert von 35 mit einem Attest vom Präsenzunterricht befreien lassen. Auch für Schüler mit Unterstützungsbedarf gibt es Ausnahmen. Tonne wies erneut auf die Bedeutung des Lüftens der Klassenräume hin.
Eltern unzufrieden
Kritik kam vom Landeselternrat: Angesichts der Infektionslage sei es „grob fahrlässig“auf Biegen und Brechen am Regelbetrieb festzuhalten, erklärte Vorsitzende CindyPatricia Heine. In vielen Schulen sei gar kein richtiges Lüften möglich. Florian Reetz, der Sprecher des Landesschülerrats, hält es für richtig, die Schulen so lange wie möglich offen zu halten.
Im deutschen Föderalismus ist die Sache einfach: Das größte Bundesland, Bayern, lässt gern einmal die Muskeln spielen und möchte auch in der Corona-Krise einen Tick schneller sein. Das kleine Bremen hält sich eher hanseatisch vornehm zurück – wird aber kaum weniger effektiv sein als die Südländer. Aber gibt es in Niedersachsen auch einen Taktgeber – etwa die Landeshauptstadt?
In dieser Woche übernahm die Region Hannover die Führungsrolle. Der Kommunalverband, rund 1,2 Millionen Einwohnern in 21 Kommunen von Hannover bis Neustadt am Rübenberge, ist unter anderem zuständig für das öffentliche Gesundheitswesen. Und so trägt nicht etwa Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay die Verantwortung, wenn es um die Nachverfolgung von Corona-Infektionsketten oder die Bereitstellung zusätzlicher Klinikbetten geht, sondern Regionspräsident Hauke Jagau. Der erließ eine Allgemeinverfügung, die landesweit Beachtung fand: Seit Donnerstag gilt Maskenpflicht überall dort, wo sich Menschen begegnen können. In Gebäuden ebenso wie auf den Wertstoffhöfen.
Für die Flure und Treppen der Niedersächsischen Staatskanzlei gibt es da keine Ausnahme, erklärte Regierungssprecherin Anke Pörksen vor der Landespressekonferenz. Prompt stellte sich die Frage, wer denn jetzt in der Hauptstadt das Sagen habe: der Ministerpräsident oder der Regionspräsident? In diesem Fall sitze Jagau, der im Herbst 2021 sein Amt abgibt, am längeren Hebel, hieß es.
Einzige Ausnahme: der Niedersächsische Landtag. Dessen Präsidentin Gabriele Andretta arbeitet allerdings auch an einer Allgemeinverfügung, die voraussichtlich an diesem Freitag veröffentlicht wird.
Was beim Corona-Contest unerwähnt blieb: Kommunen mit hohen Infektionszahlen, darunter Delmenhorst, nutzen ebenfalls längst den Instrumentenkasten, den die Landesverordnung bereitstellt: ob Maskenpflicht oder Sperrstunde. Und für Schülerinnen und Schüler ist es längst üblich, dass sie auf „Verkehrsflächen“– also im Treppenhaus oder Flur – die Mund-Nase-Bedeckung tragen müssen.
Dem Kräftemessen mit dem Coronavirus kann Oberbürgermeister Onay nur zuschauen. Er freut sich derweil, dass mit Baudezernent Thomas Vielhaber, Personaldezernent Lars Baumann und Sozialdezernentin nach einem Jahr endlich die Führungspositionen im Neuen Rathaus besetzt sind. „Es ist uns gelungen, kompetente Köpfe zu gewinnen“, sagte Onay, als er die Ressortchefs vorstellte. Den Hut für den Infektionsschutz haben andere auf.
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