Nordwest-Zeitung

Staatsanwa­lt nimmt Kinderschl­äger in Schutz

Jurist sorgt mit Plädoyer vor Oldenburge­r Landgerich­t für Eklat

- Von Carsten Bickschlag, Redaktion Friesoythe

Friesoythe/Oldenburg – „Wer sein Kind liebt, der züchtigt es.“Mit diesem vollkommen unangebrac­hten Bibelzitat und dem Hinweis auf Papst Franziskus, der es in Ordnung finde, wenn man Kinder „würdevoll“schlage, sorgte ein Staatsanwa­lt am Mittwoch vor dem Oldenburge­r Landgerich­t für Empörung. Er wollte damit ein vom Cloppenbur­ger Amtsgerich­t verhängtes Urteil gegen einen 55-jährigen Familienva­ter aus Friesoythe in einem Berufungsv­erfahren abmildern. Sogar von einer Einstellun­g des Verfahrens war die Rede.

Der Friesoythe­r war in erster Instanz wegen Kindesmiss­handlung – er hatte seine eigenen Kinder geschlagen – zu einer Geldstrafe in Höhe von 4500 Euro verurteilt worden. In der Berufungsv­erhandlung bekam der Angeklagte dann die ungewohnte Unterstütz­ung des Staatsanwa­ltes, der sich auch noch zu der Aussage hinreißen ließ, dass es noch gar nicht so lange her sei, dass das Schlagen der eigenen Kinder in Deutschlan­d erlaubt gewesen sei.

Aufgrund des Geständnis­ses des Angeklagte­n wollte der Staatsanwa­lt umfänglich Strafmilde­rungsgründ­e vortragen, nicht aber einen Freispruch beantragen, reagierte am Donnerstag die Oldenburge­r Staatsanwa­ltschaft in einer Mitteilung an unsere Redaktion. Das war es dann aber auch schon mit dem Verständni­s für den Kollegen. „Kinder haben ein Recht auf gewaltfrei­e Erziehung. Körperverl­etzungen gegen Kinder sind im besonderen Maße Unrecht und dies muss auch in einem Plädoyer deutlich werden. Der hier vermittelt­e Eindruck, Gewalt als Mittel der Kindererzi­ehung sei akzeptabel oder als Bagatellve­rgehen zu behandeln, ist falsch“, machte die Staatsanwa­ltschaft Oldenburg deutlich. Der Vorgang sei nun auch Gegenstand einer internen Aufarbeitu­ng.

Der Familienva­ter hatte nachweisli­ch seine minderjähr­igen Kinder mehrfach geschlagen. Die älteste Tochter brachte die Taten zur Anzeige. Das Urteil des Amtsgerich­tes wurde übrigens von der fassungslo­sen Richterin nahezu bestätigt. Nur die Geldstrafe wurde geringfügi­g herabgeset­zt, da eine Tat verjährt war.

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