Im Schatten Trumps
Nie zuvor hat ein US-Präsident dermaßen unverhohlen mit der Aufkündigung der transatlantischen Solidarität gedroht, wie Donald Trump dies schon vor seinem Amtsantritt getan und seither mehrfach wiederholt hat. Die Nato trägt schwer an diesem Trauma – bis heute. Gut zwei Wochen vor den US-Wahlen war das Brüsseler Treffen der Verteidigungsminister deshalb von Zurückhaltung geprägt. Keiner weiß, ob im Falle von vier weiteren Jahren mit Trump im Weißen Haus das Bündnis eine Zukunft hat.
Europa steht möglicherweise vor einer Zeitenwende. Dabei geht nicht allein um die Frage, ob die Nato auch ohne Washington Moskaus Aufrüstung noch etwas entgegenzusetzen hätte. Auch die Ankündigungen, die USA werden ihre Soldaten aus Afghanistan zurückziehen und damit das Bündnis allein am Hindukusch zurücklassen, empfindet die Allianz als bedrohlich. Bisher macht das Bündnis nicht den Eindruck, auf eine solche Situation vorbereitet zu sein. Entsprechende Planungen würden in Washington als Provokation aufgefasst.
Die Nato hofft auf den USWähler – und auf Trumps Herausforderer Joe Biden. Dabei ist längst absehbar, dass sich das Bündnis verändern muss. Auch unter Biden werden die USA mehr Einsatz von den Verbündeten fordern. Das heißt aber nicht nur mehr Geld, sondern auch eine wirkungsvolle Sicherheitsstruktur. Welchen Beitrag die Nato als Militärbündnis da leisten kann, ist nicht erkennbar. Dabei wären Antworten und Visionen dringend nötig.
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