Koalitionsstreit um schärfere Regeln
SPD wirft Union Verzögerungstaktik im Ringen um Verbesserungen vor
Berlin – Im Koalitionsstreit über schärfere Regeln für die Fleischindustrie hat Bundesarbeitsminister Hubertus Heil die Union aufgefordert, die Blockade der Gesetzespläne zu beenden. Die Missstände in der Branche seien real und dauerten an. „Dass die Union nun versucht, das Gesetz im parlamentarischen Verfahren zu verzögern und zu verwässern, ist nicht akzeptabel“, kritisierte der SPD-Politiker am Samstag in Berlin. Die Union pocht auf eine „sachgerechte“Lösung und warnte am Sonntag vor „Stimmungsmache“.
Heil forderte, „wir müssen den Sumpf in Teilen der Fleischindustrie mit diesem Gesetz richtig austrocknen und dürfen nicht den Versuchen der Lobbyisten nachgeben, Schlupflöcher in das Gesetz zu formulieren.“Alle Koalitionspartner müssten Verantwortung übernehmen.
Von der Tagesordnung
Das entsprechende Arbeitsschutzkontrollgesetz, das die Koalition eigentlich kommende Woche im Bundestag verabschieden wollte, verschwand am Freitag kurzerhand von der Tagesordnung. Es gebe noch Gesprächsbedarf, hieß es aus der Unionsfraktion.
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich warf der Union eine Blockade zugunsten von Lobbyinteressen vor. „Wenn sich CDU und CSU weiter weigern, stellen sie den Profit der Fleischlobby über die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten und über die Verabredungen in der Koalition“, sagte Mützenich.
Unions-Fraktionsvize Hermann Gröhe betonte am Sonntag, auch für den SPDFraktionschef gelte, dass Stimmungsmache keine Argumente
ersetze: „Wir stehen zu unserer Absprache, Werkverträge in der Fleischindustrie zu verbieten und die Kontrollen deutlich auszuweiten.“
Leider verweigere sich die SPD jeder sachgerechten Regelung für besondere Auftragsspitzen in der Fleischverarbeitung. Diese gebe es etwa in der
Grillsaison, sagte Gröhe. „Hier wollen wir in einem eng begrenzten Rahmen Zeitarbeit erlauben, für die selbstverständlich die Arbeitsschutzvorschriften
vollumfänglich gelten würden.“Wegen oft schlechter Arbeits- und Lebensbedingungen sollen laut dem Gesetzentwurf in der Branche Werkverträge ab 1. Januar und Leiharbeit ab 1. April 2021 verboten werden.
Viele Infektionen
Das Gesetz wurde nach massenhaften Corona-Infektionen in Schlachthöfen und Zerlegebetrieben auf den Weg gebracht. Ausgenommen werden sollen Fleischerhandwerksbetriebe mit bis zu 49 Mitarbeitern. Der Verband der Fleischwirtschaft hatte kritisiert, bestimmte Lohnschlachtungen oder Markenfleischprogramme, Kooperationen von Betrieben und Gemeinschaftsunternehmen würden durch das Gesetz unmöglich gemacht.