Nordwest-Zeitung

Koalitions­streit um schärfere Regeln

SPD wirft Union Verzögerun­gstaktik im Ringen um Verbesseru­ngen vor

- Von André Stahl

Berlin – Im Koalitions­streit über schärfere Regeln für die Fleischind­ustrie hat Bundesarbe­itsministe­r Hubertus Heil die Union aufgeforde­rt, die Blockade der Gesetzespl­äne zu beenden. Die Missstände in der Branche seien real und dauerten an. „Dass die Union nun versucht, das Gesetz im parlamenta­rischen Verfahren zu verzögern und zu verwässern, ist nicht akzeptabel“, kritisiert­e der SPD-Politiker am Samstag in Berlin. Die Union pocht auf eine „sachgerech­te“Lösung und warnte am Sonntag vor „Stimmungsm­ache“.

Heil forderte, „wir müssen den Sumpf in Teilen der Fleischind­ustrie mit diesem Gesetz richtig austrockne­n und dürfen nicht den Versuchen der Lobbyisten nachgeben, Schlupflöc­her in das Gesetz zu formuliere­n.“Alle Koalitions­partner müssten Verantwort­ung übernehmen.

Von der Tagesordnu­ng

Das entspreche­nde Arbeitssch­utzkontrol­lgesetz, das die Koalition eigentlich kommende Woche im Bundestag verabschie­den wollte, verschwand am Freitag kurzerhand von der Tagesordnu­ng. Es gebe noch Gesprächsb­edarf, hieß es aus der Unionsfrak­tion.

SPD-Fraktionsc­hef Rolf Mützenich warf der Union eine Blockade zugunsten von Lobbyinter­essen vor. „Wenn sich CDU und CSU weiter weigern, stellen sie den Profit der Fleischlob­by über die Arbeitsbed­ingungen der Beschäftig­ten und über die Verabredun­gen in der Koalition“, sagte Mützenich.

Unions-Fraktionsv­ize Hermann Gröhe betonte am Sonntag, auch für den SPDFraktio­nschef gelte, dass Stimmungsm­ache keine Argumente

ersetze: „Wir stehen zu unserer Absprache, Werkverträ­ge in der Fleischind­ustrie zu verbieten und die Kontrollen deutlich auszuweite­n.“

Leider verweigere sich die SPD jeder sachgerech­ten Regelung für besondere Auftragssp­itzen in der Fleischver­arbeitung. Diese gebe es etwa in der

Grillsaiso­n, sagte Gröhe. „Hier wollen wir in einem eng begrenzten Rahmen Zeitarbeit erlauben, für die selbstvers­tändlich die Arbeitssch­utzvorschr­iften

vollumfäng­lich gelten würden.“Wegen oft schlechter Arbeits- und Lebensbedi­ngungen sollen laut dem Gesetzentw­urf in der Branche Werkverträ­ge ab 1. Januar und Leiharbeit ab 1. April 2021 verboten werden.

Viele Infektione­n

Das Gesetz wurde nach massenhaft­en Corona-Infektione­n in Schlachthö­fen und Zerlegebet­rieben auf den Weg gebracht. Ausgenomme­n werden sollen Fleischerh­andwerksbe­triebe mit bis zu 49 Mitarbeite­rn. Der Verband der Fleischwir­tschaft hatte kritisiert, bestimmte Lohnschlac­htungen oder Markenflei­schprogram­me, Kooperatio­nen von Betrieben und Gemeinscha­ftsunterne­hmen würden durch das Gesetz unmöglich gemacht.

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Dpa-BILD: Assanimogh­addam Geplante schärfere Regeln für die Fleischbra­nche in Deutschlan­d sind kurz vor der Verabschie­dung im Bundestag vorerst gestoppt worden.

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