Zu lange gewartet
Hans Begerow über die Fleischbranche
Die Arbeitsbedingungen in der Fleischbranche sind nicht menschenwürdig und durch die Corona-Pandemie stark ins öffentliche Bewusstsein getreten: Sammelunterkünfte, mangelnde hygienische Zustände in Betrieben, die die Ausbreitung des Coronavirus begünstigen, dazu niedrige Löhne bei körperlich harter Arbeit. Und weil es bei den Beratungen über eine Verschärfung der Schutzbestimmungen zu einer erneuten Verzögerung gekommen ist, platzt dem Branchenkritiker und Theologen Peter Kossen der Kragen: Er kritisiert nicht nur die Fleischbranche mit harten Worten, er geht auch mit der Union hart ins Gericht. Sie solle für die Opfer, nämlich für die Arbeitsmigranten aus Ost- und Südeuropa, und nicht für die Täter Partei ergreifen, sagt der streitbare Theologe.
Das sitzt. Der – man möchte sagen: gottlob – nimmermüde Branchenkritiker hat der Union den Spiegel vorgehalten. Das wird, trotz des aufgebrachten Tons der KossenSchimpfrede, die Wirkung nicht verfehlen. Die Union verweist auf Auftragsspitzen in der Grillsaison, die Zeitarbeit unumgänglich mache.
Das klingt durchsichtig und sehr nach einem weiteren Versuch, die unhaltbaren Zustände der Fleischindustrie zu billigen. Zur Wahrheit gehört auch die Verbraucher-Seite: Es gäbe längst nicht so viele schwarze Schafe, wenn die Nachfrage nach industriell erzeugter Billig-Fleischwaren nicht da wäre. Dabei gibt es Handwerks-Fleischer. Man muss nur ihre Läden aufsuchen und dort Ware kaufen.
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