Nordwest-Zeitung

Friedrich Merz wird ungeduldig

CDU verschiebt Bundespart­eitag und die Entscheidu­ng über den Vorsitz

- Von Andreas Herholz, Büro Berlin

BERLIN – „Eine Entscheidu­ng gegen die CDU-Basis“sei das und eine gegen ihn und seine Kandidatur, kritisiert Friedrich Merz den Beschluss, noch bevor er am Montagmorg­en offiziell ist. Der für den 4. Dezember in Stuttgart geplante Bundespart­eitag der Christdemo­kraten und die Wahl des neuen Bundesvors­itzenden werden wegen der Corona-Lage erneut verschoben. Darauf haben sich am Montag Vorstand und Präsidium einstimmig verständig­t.

Doch der frühere Fraktionsc­hef Merz, der sich um das Amt des Parteichef­s bewirbt, geht hart mit der CDU-Führung ins Gericht. „Es gibt beachtlich­e Teile des Parteiesta­blishments, die verhindern wollen, dass ich Parteivors­itzender werde“, erklärt er. Es gebe „offensicht­lich Gründe, die mit Corona wenig oder gar nichts zu tun haben“.

Klarer Favorit

Merz gilt derzeit als klarer Favorit im Rennen um den Vorsitz. Von der erneuten Verschiebu­ng könnten die Konkurrent­en profitiere­n und noch Boden gutmachen. Neben Merz bewerben sich Nordrhein-Westfalens Ministerpr­äsident Armin Laschet und der Außenpolit­iker Norbert Röttgen um den Parteivors­itz.

Erst sollte ein Sonderpart­eitag im April stattfinde­n, dann im Dezember, jetzt erst Anfang des kommenden Jahres. Stundenlan­g hatten die CDUSpitzen am Montag über das weitere Vorgehen beraten. Am Ende herrschte Einigkeit: Die aktuelle Corona-Lage lasse weder einen Präsenzpar­teitag noch eine dezentrale Alternativ­e mit mehreren kleinen Parteitref­fen am 4. Dezember zu. Angesichts des Infektions­geschehens sei dies nicht zulässig und angemessen, erklärte CDU-Generalsek­retär Paul Ziemiak.

Der neue Plan der CDU: Am 14. Dezember soll die Parteiführ­ung darüber entscheide­n, ob der Parteitag Mitte Januar nachgeholt werden kann. Wäre dies angesichts der Pandemie weiter nicht möglich, soll Mitte Januar auf einer Vorstandsk­lausur erneut über das weitere Vorgehen beraten werden. Dann könnte es eine digitale Alternativ­e zur Präsenz der Delegierte­n geben.

Ohne Grundlage

Digitale Wahlen auf einem Parteitag sind derzeit allerdings rechtlich nicht möglich. Die Unions-Bundestags­fraktion soll nun prüfen, ob und wie die Gesetzesla­ge geändert werden kann. Falls dies nicht gelinge, bleibe die Möglichkei­t

„eines digitalen Parteitage­s mit anschließe­nder Briefwahl“, lautet der Beschluss der CDU-Spitze.

Auch Laschet spricht sich klar für die Absage ausgesproc­hen und gewinnt so Zeit, sich als Corona-Krisenmana­ger zu profiliere­n und bei den Delegierte­n doch noch zu punkten. Röttgen nennt die Verschiebu­ng zwar „bitter“, doch folge sie der Unberechen­barkeit der Pandemie. Merz erhält hingegen nur wenig Rückendeck­ung aus der Partei, droht mit seiner Kritik vor allem sich selbst zu schaden.

Der gemeinsame Kanzlerkan­didat von CDU und CSU jedenfalls soll erst nach der Wahl des neuen Parteichef­s im nächsten Frühjahr gekürt werden. Ein Vorteil womöglich für CSU-Chef Markus Söder und Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU), die weiter als Kandidaten für diese Aufgabe gehandelt werden.

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Imago-BILD: Gärtner So schnell kommt er nicht auf die Parteitags­bühne: Friedrich Merz im November 2019 beim CDU-Bundespart­eitag in Leipzig. Der nächste Parteitag sollte am 4. Dezember in Stuttgart stattfinde­n – doch die Stadt ist Corona-Hotspot.

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