Nordwest-Zeitung

Zerreißpro­be für Christdemo­kraten

- Von Andreas Herholz, Büro Berlin @ Den Autor erreichen Sie unter forum@infoautor.de

Er hatte sich schon fast am Ziel gesehen. Sechs Wochen noch, so die Erwartung von Friedrich Merz, dann hätten ihn die Delegierte­n des CDU-Bundespart­eitags in Stuttgart zum neuen Vorsitzend­en gewählt. Nach dem Scheitern gegen Annegret Kramp-Karrenbaue­r vor zwei Jahren wären es der Erfolg im zweiten Anlauf und eine späte Genugtuung gewesen.

Doch daraus wird jetzt – erst einmal? – nichts. Corona macht den Christdemo­kraten erneut einen Strich durch die Rechnung. Eine Großverans­taltung mit mehr als Tausend Menschen im Hochrisiko­gebiet Stuttgart bei sprunghaft steigenden Infektions­zahlen – das wäre kaum vermittelb­ar gewesen. Eine Lex CDU, während die Corona-Beschränku­ngen weiter verschärft werden und ein Lockdown droht, hätte die Christdemo­kraten schwer geschädigt und Glaubwürdi­gkeit gekostet. Erst die Partei, dann das Land – das kommt nicht gut an beim Wahlvolk. Das hat jetzt auch die CDU-Führung erkannt und den Parteitag verschoben.

Nicht jedoch Kandidat Merz, der wütend auf die Absage reagiert, um sich schlägt und sich als Opfer eines Komplotts sieht. Den Christdemo­kraten droht jetzt erneut eine Zerreißpro­be. Das Letzte, wofür in dieser schweren Krise die Bürger und auch wohl die Mitglieder und Anhänger der Christdemo­kraten Verständni­s hätten, wäre eine offene Feldschlac­ht um Posten und Ämter. Wenn das Kandidaten­rennen, das bisher schon nicht besonders begeistern konnte, jetzt noch zu einem scheppernd­en Schlagabta­usch gerät, werden sich viele entsetzt abwenden, und es schlägt womöglich die Stunde von alternativ­en Kandidaten, sei es für den Parteivors­itz oder die Kanzlerkan­didatur.

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