Nordwest-Zeitung

Von der Infektion bis in die Statistik

Wie die unterschie­dlichen Zahlen zu den Corona-Fällen in Niedersach­sen zustande kommen

- Von Sebastian Friedhoff

Hannover/Im Nordwesten – Die unterschie­dlichen Angaben zu den Corona-Infektions­zahlen und dem Sieben-TageInzide­nzwert sorgen immer wieder für Verwirrung. Welche Zahlen welcher Behörde – Robert Koch-Institut, Landesgesu­ndheitsämt­er, kommunale Gesundheit­sämter – sind eigentlich die aktuellste­n und die am Ende entscheide­nden, fragen sich viele Bürger. Und wie läuft die Datenüberm­ittlung im Fall einer neuen Corona-Infektion ab? Unsere Zeitung hat beim Niedersäch­sischen Landesgesu­ndheitsamt (NLGA) nachgefrag­t. Ein Überblick:

Wie verläuft die Meldekette bei einer Corona-Infektion ?

Stellt ein Labor fest, dass eine Probe einen positiven Befund auf das Coronaviru­s aufweist, wird das kommunale Gesundheit­samt (GA) über das Labor beziehungs­weise den behandelnd­en Arzt/die Ärztin darüber informiert. Hier wird von der sogenannte­n „Meldung“gesprochen. Das entspreche­nde GA muss unter Umständen weitere Daten zu dem Fall recherchie­ren, beispielsw­eise zum Infektions­umfeld und zur Ermittlung weiterer Kontaktper­sonen, und leitet notwendige Schritte ein wie die Anordnung zur Isolation.

Dieser vom kommunalen Gesundheit­samt angelegte Fall wird dann in eine Datenbank/ein Meldesyste­m eingegeben, wie das Landesgesu­ndheitsamt erklärt. Sind alle Angaben zu dem Fall vollständi­g erfasst, wird dieser auf elektronis­chem Weg an das NLGA übermittel­t. Dieses erhält die Daten anonymisie­rt. Das Landesgesu­ndheitsamt überträgt diese Zahlen der neuen Corona-Infektions­fälle, der Todesfälle und weitere Werte eines Landkreise­s/einer Stadt in seine Datenbank und macht für die Veröffentl­ichung einmal täglich morgens eine Auswertung. Stand der NLGA-Daten ist dann 9 Uhr. Die Zahlen werden im Internet veröffentl­icht. Unabhängig von der Veröffentl­ichung greift das Landesgesu­ndheitsamt über den Tag verteilt auf Corona-Zahlen der Kommunen zu.

Wann genau die Daten zu den Corona-Fällen von den kommunalen Gesundheit­sämtern eingetrage­n werden, ist unterschie­dlich, sagt NLGASprech­er Mike Wonsikiewi­cz Die Zeiten könnten auch bei einem einzelnen Gesundheit­samt je nach Arbeitsauf­kommen variieren.

Wann werden die NLGAZahlen ans Robert KochInstit­ut weitergele­itet ?

Das Niedersäch­sische Landesgesu­ndheitsamt sendet die Corona-Zahlen täglich bis circa 17.30 Uhr an das Robert Koch-Institut (RKI), teilt die Landesbehö­rde mit. Für die Veröffentl­ichung der „neuesten Zahlen“der Bundesländ­er greift das RKI auf den Datenstand von 0 Uhr zu.

Wieso weichen die Corona-Zahlen des NLGA zum Teil deutlich von denen der Städte und Landkreise in Niedersach­sen ab ?

Das Landesgesu­ndheitsamt veröffentl­icht einmal täglich morgens gebündelt die aktuellen Tageszahle­n (vom Vortag) der kommunalen Gesundheit­sämter. Die Gesundheit­sämter hingegen veröffentl­ichen ihre Zahlen in Echtzeit, dadurch komme es zu Unterschie­den, erläutert Wonsikiewi­cz. In seltenen Fällen seien technische Probleme Grund für Differenze­n.

„Es ist zu betonen, dass der Infektions­schutz vor Ort für die kommunalen Gesundheit­sämter an oberster Stelle steht. In besonders belastende­n Situatione­n, beispielsw­eise wenn auf mehrere Ausbrüche gleichzeit­ig reagiert werden muss, kann es vorkommen, dass die Übermittlu­ng der Fälle verzögert stattfinde­t“, sagt der NLGA-Sprecher. Für die praktische Arbeit im Infektions­schutz durch die Gesundheit­sämter vor Ort ergäben sich dadurch aber keine negativen Konsequenz­en.

Welche Zahlen sind maßgeblich für die Einstufung als „Risikogebi­et“?

Nach NLGA-Angaben gibt es hierzu bundesweit keine generelle Anweisung: „Es obliegt den jeweiligen Entscheidu­ngsträgern, auf Basis welcher Zahlen Maßnahmen ergriffen werden.“Das Land Niedersach­sen hat im Hinblick auf den Inzidenzwe­rt in seiner neuen Corona-Verordnung (seit 23. Oktober gültig) festgelegt, dass für die Einschränk­ungen bei Überschrei­ten der Werte 35 und 50 die Angaben des NLGA entscheide­nd sind. Welche Inzidenz in dem eigenen Wohnort in Niedersach­sen gilt, können die Bürger auf der Internetse­ite www.niedersach­sen.de/Coronaviru­s/ Inzidenz-Ampel einsehen.

Bei Reisen innerhalb Deutschlan­ds würden von Bundesland zu Bundesland unterschie­dliche Bestimmung­en gelten, sagt NLGA-Sprecher Wonsikiewi­cz. Urlauber sollten sich daher informiere­n, was in dem jeweiligen Bundesland zu beachten ist, welche Regeln einzuhalte­n sind und welche Zahlen welcher Quelle in dem Bundesland als Richtwert gelten.

Das Beherbergu­ngsverbot ist mittlerwei­le in mehreren Bundesländ­ern gekippt worden, so auch in Niedersach­sen. Grundsätzl­ich werde aber derzeit davon abgeraten zu reisen, wenn es nicht notwendig ist, heißt es vom NLGA.

Wie berechnet sich der Sieben-Tage-Inzidenzwe­rt ?

Der Wert berechnet sich wie folgt: Die Anzahl der Fälle von Corona-Neuinfekti­onen in den vergangene­n sieben Tagen geteilt durch die Einwohnerz­ahl der Stadt/des Kreises multiplizi­ert mit 100 000.

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Grafik: Niedersäch­sisches Landesgesu­ndheitsamt/Ricarda Pinzke Der Weg einer Coronaviru­s-Meldung
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BILD: Tom Figiel/NLGA/dpa Corona auf der Spur: Labor im Niedersäch­sischen Landesgesu­ndheitsamt

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