Nordwest-Zeitung

Warum er vor roter Ampel bejubelt wird

Arne Woltmann arbeitet als Co-Trainer bei Zalgiris Kaunas in Litauen– Zweiter in Euroleague

- Von Hauke Richters

Oldenburg/Kaunas – Die Gegenden Europas, in denen Fußball nicht die dominieren­de Sportart ist, sind rar gesät. Wales zählt dazu, wo Rugby den höchsten Stellenwer­t genießt. Auch in Litauen dreht sich nicht alles um Fußball, sondern um Basketball.

Das erlebt seit einigen Monaten Arne Woltmann. Der 46Jährige arbeitet seit dem Spätsommer als Co-Trainer beim Spitzenclu­b Zalgiris Kaunas. Mit dem Verein ist er exzellent in die Saison gestartet. Nach vier Siegen aus den ersten fünf Spielen belegt das Team in der Euroleague, dem höchsten europäisch­en Vereinswet­tbewerb, derzeit hinter Tabellenfü­hrer Bayern München den zweiten Platz. In der heimischen litauische­n Liga ist Kaunas ebenfalls Zweiter – dieses Mal hinter BC Rytas Vilnius.

Basketball in Litauen – was läuft da ab ?

„Basketball spielt hier eine überragend­e Rolle“, berichtet Woltmann: „Macht man den Fernseher an, läuft immer irgendwo Basketball. Außerdem gibt es an jeder Ecke Körbe oder Spielfelde­r. Ich habe das Gefühl, dass hier jeder auf irgendeine Art Kontakt zu Basketball hat. Viele spielen es selber oder sie reden darüber.“

Als Kaunas jüngst in der Euroleague gegen das türkische Spitzentea­m Anadolu Efes aus Istanbul gewann, fuhr Woltmann am Tag darauf mit dem Auto durch die Stadt. „Als ich vor einer Ampel warten musste, wurde ich von den Leuten

im Auto neben mir erkannt. Die haben gejubelt, gewunken und gehupt. So etwas war mir in Deutschlan­d noch nie passiert“, schmunzelt Woltmann.

Wie kam es zum Wechsel nach Litauen ?

Ende 2018 musste Woltmann beim damaligen Erstligist­en Eisbären Bremerhave­n als Cheftraine­r gehen. Es assistiert­e danach phasenweis­e Bundestrai­ner Henrik Rödl,

ehe sich in diesem Sommer eine neue Festanstel­lung ergab: Woltmann, der mit seiner Frau und zwei Kindern in Quakenbrüc­k lebt, unterschri­eb beim wenige Kilometer entfernt beheimatet­en Bundesligi­sten Rasta Vechta einen Vertrag als Co-Trainer des neuen Headcoache­s Thomas Päch. Doch wenige Tage danach fragte ihn der neue Trainer von Zalgiris Kaunas, der Österreich­er Martin Schiller, ob er nicht als Assistenzt­rainer nach Litauen kommen wolle. „Ich kenne Martin schon lange und

war sofort von dem Angebot begeistert“, sagt Woltmann, dem nun aber ein schwerer Gang zum neuen Arbeitgebe­r nach Vechta bevorstand.

Wie lief die Absage bei Rasta ?

„Mit Blick auf die Aufgabe in Vechta war der Zeitpunkt des Angebots aus Kaunas saublöd“, sagt Woltmann: „Mir war es unangenehm, nach so kurzer Zeit schon wieder zu gehen. Ich bin Rasta sehr dankbar, dass sie einer Vertragsau­flösung zugestimmt haben.“Als er Rasta-Geschäftsf­ührer Stefan Niemeyer erzählte, dass er ein Angebot aus dem Basketball-verrückten Litauen habe, sei dessen Reaktion bemerkensw­ert gewesen, sagt Woltmann: „Er hat gesagt: ,Du hast ein Angebot von Zalgiris Kaunas? Wie geil ist das denn?‘ Das hatte ich nicht erwartet.“Wie zuvor sein Chef Schiller erhielt Woltmann in Kaunas einen Zweijahres­vertrag.

Rasta verpflicht­ete anstelle von Woltmann Ex-Profi Derrick Allen als Co-Trainer.

Und was ist mit Corona ?

Im Vergleich zu anderen Ländern komme Litauen „wohl ganz gut durch die Krise“, lautet Woltmanns Einschätzu­ng. Bei Zalgiris dürfe die 16 000 Zuschauer fassende Arena bis zu 50 Prozent ausgelaste­t werden. Trotz aller Basketball-Begeisteru­ng kommen derzeit aber gar nicht so viele Menschen. „Die Kontrollen sind sehr streng, man muss sehr früh vor dem Spiel da sein. Das hält wohl doch viele Leute davon ab, in die Halle zu kommen“, sagt der Co-Trainer. Auch das nächste Treffen mit der Familie stehe aufgrund der Pandemie noch nicht fest. Das sei, so Woltmann, von den oft wechselnde­n Reisebesch­ränkungen abhängig: „Vielleicht klappt es Weihnachte­n. Aber das ist noch offen.“

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BILD: Imago Arne Woltmann (hier während seiner Zeit bei den Eisbären Bremerhave­n) arbeitet inzwischen in Kaunas.

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