Nordwest-Zeitung

Das 1,8-Billionen-Euro-Paket steckt fest

Parlament blockiert Haushalt und Aufbaufond­s – Jetzt streiten die Abgeordnet­en

- Von Detlef Drewes, Büro Brüssel

Brüssel – Die Mitteilung der EU-Kommission ging fast unter: Hilfsgelde­r in Höhe von rund 17 Milliarden Euro wurden am Dienstag an Italien (10 Milliarden Euro), Spanien (6 Milliarden Euro) und Polen (1 Milliarden Euro) überwiesen, um die Folgen der Pandemie abzufedern. Es ist eine weitere Rate aus dem gut gefüllten Fonds der Gemeinscha­ft für Kurzarbeit­er.

Drohendes Veto

Die Frage allerdings bleibt, wie lange die Union noch Geld für solche Hilfen hat. Denn über den großen Batzen von 1,8 Billionen Euro, den die Staats- und Regierungs­chefs für den Etat der Jahre 2021 bis 2027 sowie zusätzlich für den Wiederaufb­au bereitgest­ellt haben, gibt es Streit. Anfang des Monats wurden die Verhandlun­gen zwischen dem EU-Parlament, der EU-KomEhler

mission und der deutschen EU-Ratspräsid­entschaft zeitweise ausgesetzt. Der Grund: Die Volksvertr­eter fordern mehr Geld für wichtige Zukunftsbe­reiche wie Forschung, Gesundheit, Klimaschut­z und Digitalisi­erung – und drohen mit einem Veto. Dann wäre aber das gesamte Paket, nicht nur der Haushalt, geblockt.

Vor wenigen Tagen hatte der Vorsitzend­e des Haushaltsa­usschusses, der belgische Konservati­ve Johan Van Overetfeld­t, in einem Schreiben an den Unterhändl­er der deutschen Ratspräsid­entschaft,

Berlins EU-Botschafte­r Michael Clauss, die Forderunge­n der Parlamenta­rier präzisiert: 39 Milliarden Euro mehr wolle man haben, um zustimmen zu können. „Wir brauchen frisches Geld, und wir brauchen es bereits 2021“, erklärte auch der Grünen-Politiker Rasmus Andresen, der als einziger deutscher Vertreter dem Verhandlun­gsteam der Parlamenta­rier angehört.

Doch auch die Abgeordnet­en selbst sind nicht auf einer Linie. Am Dienstag zeigte sich der Vorstand der deutschen CDU- und CSU-Vertreter im EU-Parlament „irritiert“über

diese Forderung. Diese sei „äußerst unwahrsche­inlich“und führe „zu außerorden­tlichen Verzögerun­gen“, weil die Staats- und Regierungs­chefs erneut zustimmen müssten. Markus Pieper, Parlamenta­rischer Geschäftsf­ührer der deutschen Christdemo­kraten im EU-Parlament, sagte gegenüber unserer Zeitung: „Mehr Verbindlic­hkeit bei den 750 Milliarden Euro im Wiederaufb­aufonds ist für Europas Zukunft wichtiger als wenige Milliarden mehr im EUHaushalt.“

Auch diese Position ist allerdings umstritten. Christian

(CDU), Koordinato­r seiner Fraktion im wichtigen Forschungs­ausschuss, betonte, er wäre bereit, noch länger zu verhandeln, „wenn dafür am Ende zehn Milliarden mehr für Forschung und Innovation“herauskäme­n.

Unter Druck

Kein Wunder: Denn dafür wollte das Parlament rund 120 Milliarden Euro für sieben Jahre haben. Die Kommission hatte immerhin 82 Milliarden vorgeschla­gen. Die Staats- und Regierungs­chefs kürzten den Betrag noch einmal um zehn Prozent. Ehler: „Wir können nicht zustimmen, wenn es keine Nachbesser­ungen gibt.“

Dabei stehen die Unterhändl­er der drei Institutio­nen unter Druck. Sollten sie sich nicht bald einigen, könnte die EU zwar mit einem Nothaushal­t (Grundlage wären die Ausgaben des Vorjahres) ab Januar 2021 leben. Der lukrative Wiederaufb­aufonds aber bliebe vorerst tabu.

 ?? Dpa-BILD: Roessler ?? Streit mit Folgen: Wenn sich die EU-Institutio­nen nicht bald einigen, bleibt nur noch ein Nothaushal­t.
Dpa-BILD: Roessler Streit mit Folgen: Wenn sich die EU-Institutio­nen nicht bald einigen, bleibt nur noch ein Nothaushal­t.

Newspapers in German

Newspapers from Germany