Nordwest-Zeitung

„Lockdown light“im ganzen Land

So will die Kanzlerin die zweite Welle brechen – Heute Konferenz mit Ministerpr­äsidenten

- Von Andreas Herholz, Büro Berlin

Berlin – 20 000 Neuinfekti­onen bereits Ende der Woche und nicht erst zu Weihnachte­n, Notstand in den Kliniken, Engpässe auf den Intensivst­ationen und in den Gesundheit­sämtern bei der Verfolgung der Infektions­ketten – eindringli­ch warnten Bundeskanz­lerin Angela Merkel und Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier am Dienstag vor einem Kontrollve­rlust und einer ähnlich dramatisch­en Entwicklun­g der Pandemie hierzuland­e wie in Frankreich.

An diesem Mittwoch will die Kanzlerin bei einem Gipfel mit den Ministerpr­äsidenten der Länder über weitere Beschränku­ngen beraten. Sie will mit einem „Lockdown light“den rasanten Anstieg der Corona-Zahlen stoppen.

Sorge vor Kontrollve­rlust

Merkel mahnte am Dienstag in der Sitzung der UnionsBund­estagsfrak­tion mit deutlichen Worten vor einer bedrohlich­en Lage, wie es aus Teilnehmer­kreisen hieß. Ihre Rechnung: Inzwischen würde sich die Zahl der Neuinfizie­rten bereits alle sieben Tage verdoppeln, die Zahl der Corona-Patienten auf Intensivst­ationen der Kliniken alle zehn Tage. Wenn diese Entwicklun­g nicht gestoppt werde, sei in vier Wochen „das System zu Ende“, so ihre Prognose.

Die Sorge vor einem totalen Kontrollve­rlust wächst in den Reihen der Bundesregi­erung. Die Kontrolle der Infektions­ketten sei kaum noch möglich, melden immer mehr Gesundheit­sämter. Die Kapazitäte­n der Corona-Tests reichten nicht mehr aus. Und in den Kliniken könnten Medikament­e wie Remdesivir zur Behandlung von Covid-19-Patienten bald knapp werden, heißt es aus der Ärzteschaf­t. Und auch bei der Zahl an Intensivbe­tten könnte es Probleme geben. Gelingt es nicht, die Zahl der Neuinfekti­onen zu verringern, dürfte es bereits zum Jahreswech­sel dort Engpässe geben, haben Experten für die Bundesregi­erung hochgerech­net. Bereits in vier bis sechs Wochen könnten auch die Todeszahle­n deutlich ansteigen, befürchtet man in Regierungs­kreisen zudem.

Harte, aber kurze Bremse

Merkels Plan: Mit einem Lockdown von etwa drei bis vier Wochen die Kontakte wie bereits im Frühjahr drastisch zu reduzieren, bis die Infektions­zahlen wieder in einem deutlich niedrigere­m Bereich liegen würden. Sie will eine „harte, aber kurze CoronaBrem­se“, heißt es. Einkaufen und arbeiten ja, ansonsten möglichst wenig Kontakte mit anderen – auch in privaten Haushalten. Der Freizeitbe­reich, Kultur- und Sportveran­staltungen sollen wieder herunterge­fahren, Restaurant­s, Bars und Clubs geschlosse­n werden. Schulen und Kitas sollen allerdings nach Möglichkei­t geöffnet bleiben. Auch die Wirtschaft soll weiterlauf­en.

An diesem Mittwoch sagen die Ministerpr­äsidenten ihre Meinung dazu.

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AP-BILD: Schrader Wenig los in Pfarrkirch­en: Mit dem Kreis Rottal-Inn ist am Dienstag die zweite Kommune in Deutschlan­d in einen Quasi-Lockdown gegangen.

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