Warum manche Eltern nicht vorlesen wollen
1,6 Millionen Kinder betroffen – Bücher notwendig zur Ausbildung sozialer Kompetenzen
Hamburg – Elterliches Vorlesen ist in Deutschland nach wie vor nicht die Regel. 32 Prozent der Mütter und Väter lesen ihren Kindern selten oder nie vor, erklärt die Vorlesestudie 2020, die am Dienstag von der Stiftung Lesen, der Wochenzeitung „Die Zeit“und der Deutschen Bahn Stiftung in Hamburgpräsentiert wurde. Davon betroffen seien etwa 1,6 Millionen Kinder.
Viele Gründe angegeben
Diese Zahl sei seit Jahren konstant, hieß es. Grund sei häufig, dass es in den Familien an Zeit und Bereitschaft fehle. Etwa die Hälfte der befragten Eltern, die ihren Kindern nur selten vorlesen, gab an, dass es im Haushalt anderes zu tun gebe und sie zu erschöpft zum Vorlesen seien. „Vorlesen ist für viele der Befragten eine zusätzliche Belastung in ihrem Alltag“, sagt Rainer Esser, Geschäftsführer der „Zeit“-Verlagsgruppe. 48 Prozent der Eltern glauben außerdem, dass ihren Kindern woanders schon genug vorgelesen werde, vor allem in der Kita.
Für die Studie wurden bundesweit 528 Eltern befragt, die ihren Kindern maximal einmal pro Woche vorlesen. In den befragten Familien haben die Kinder deutlich weniger Bücher als im Durchschnitt. 68 Prozent gaben an, dass ihre Kinder maximal zehn Bücher haben. Mehr als die Hälfte gab aber an, dass sie es gut fänden, wenn ihre Kinder Bücher geschenkt bekämen.
Die Gründe für den Vorlesemangel sind oft auch persönlich. Rund die Hälfte der Eltern gab außerdem an, Vorlesen mache ihnen keinen Spaß, mehr als ein Viertel findet
Vorlesen auch nicht wichtig. Aus ihrer Sicht lesen andere Eltern vor, weil deren Kinder sich nicht allein beschäftigen können oder sie sonst nicht einschlafen.
„Viele haben diese Erfahrungen in der eigenen Kindheit nicht gemacht und geben es daher auch an ihre eigenen Kinder nicht weiter“, meint Simone Ehmig von der Stiftung Lesen. 31 Prozent geben an, dass sie glauben, ihr Kind wolle gar nicht vorgelesen bekommen.
Sprachliche Entwicklung
Ziel müsse es nun sein, Vorlesen zum Alltag in allen Familien zu machen, sagte Simone Ehmig. Es fördere die sprachliche Entwicklung und das spätere Leseverhalten von Kindern und sei notwendig zur Ausbildung sozialer Kompetenzen.