Uwe Tiedemann begeistert für Jazz
Alte Platten-Aufnahmen – Thema Jiddisch-jüdischer Einfluss – 17. Clubabend des 83-Jährigen
Oldenburg – „Clubabend“, das klingt in vielen Ohren als ein verstaubter Abend in schlecht gelüfteten Gaststätten-Hinterzimmern, Gespräche über Satzungen oder Kartenspiele mit Bierbegleitung. Dass „Clubabend“aber auch etwas ganz anderes sein kann, bewies Uwe W. Tiedemann (83) am vergangenen Donnerstag im Jazzclub Alluvium in den Räumen des Wilhelm 13 in der Leo-Trepp-Straße 13.
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Für ein „volles“Haus sorgte nicht nur seine Bekanntheit als ausgewiesener Kenner der Jazzgeschichte sondern auch das Thema: „Der jiddisch-jüdische Einfluss auf den frühen Jazz“. Viele glauben, Jazz der 40er Jahre gehöre zum „Frühen Jazz“, nein, weit gefehlt! Schellack! Das ließ die Ohren spitzen, unterstützt durch Knistern und Knacken in den Lautsprechern.
Die erste Platte vom März 1919 (damals für 75 Cent) enthielt je eine „schwarze“und eine „weiße“Aufnahme: Wilbur Sweatman und die „weißen“Louisiana Five intonierten die aktuelle Jazzmusik. Dann der „Missouri Blues“der Jazzazza Jazz Band, einer vorwiegend aus jüdischen Musikern bestehenden Gruppe, ebenfalls 101 Jahre alt, gefolgt von „Palesteena“, eingespielt 1920 von der Original Dixieland Jazz Band.
Natürlich Mono-Aufnahmen und noch nicht direkt auf Schellack gepresst, sondern von Wachsmatrize auf Schellack übertragene. Seit sieben Jahren sorgen die Clubabende für ein gut besuchtes Wilhelm 13.
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Jazzazza Jazzband
45 Jahre gesammelt
Die bisher 17 (!) von Uwe Tiedemann durchgeführten Clubabende im Jazzclub hatten besondere Themen und beschäftigten sich mit Jazzperlen. Sie basieren auf seiner Schellack-Sammlung, die er in den vergangenen 45 Jahren aus weltweiten Quellen zusammengetragen hat. Sein Wissen und die Sammlung sind ein Juwel und seine Konserven-Konzerte stets ein Genuss. Nicht nur wegen der Musik, auch aufgrund seiner besonderen Moderation.
Seine eigens zusammengestellte Fachbibliothek zur Jazzgeschichte liefert den faktischen
Zieht seit Jahren das Publikum mit seinen Musikvorführungen an: Uwe W. Tiedemann gestaltete seinen 17. Clubabend im Wilhelm 13 (hier eine frühere Aufnahme) – es war der 50. Clubabend des Jazzclub Alluvium.
Hintergrund zu den im Plauderton vorgetragenen Beschreibungen der gespielten Musiktitel. Sie umfasst nicht nur als „JAZZ“definierte Platten, ethnische Folklore, Spirituals, Blues, Gypsymusic und Klezmer sondern auch die 50er Jahre des Rock’n Roll. Für ihn ist sie ein „stilles“Kleinod und er hofft, noch irgendwann eine kleine, wissenschaftlich fundierte Publikation erstellen zu können.
Denn seine in langer Sammelaktivität gewonnenen Kenntnisse sollen nicht „versanden“. Zum 50. Clubabend kamen auch Gäste aus der benachbarten Synagoge. Tiedemann brachte dem Thema folgend also viele Evergreens jüdisch-jiddischer Komponisten und Interpreten wie „Yiddisher Charleston“, „Schwarze Augen“, „My yiddishe Mame“und natürlich „Summertime“zu Gehör. Beim Auflegen dieser Schellack-Raritäten gehören weiße Stoffhandschuhe zur Grundausstattung seiner „Performance“.
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50. Clubabend
Und Tiedemann machte es sichtlich Freude sein Publikum zu begeistern, auch dann, wenn er seinen Platz auf der kleinen Bühne verließ und sich zur Kontrolle des Raumklangs im Taktmaß swingend unter das Publikum mischte.
Unterstützt von seiner Frau wurden in der Pause kleine
vorbereitete Snacks und (mit einem Augenzwinkern zum 50. Clubabend) Mozart-Kugeln gereicht sowie der Raum durch Öffnen der Türen und Fenster durchlüftet. Kalt wurde es dort nicht, die heißen
Rhythmen sorgten vor. Den Abschluss des Abends bildeten Sidney Bechets lyrisch klingendes „Cashbah“, Louis Armstrongs „Spooks“und das mit einem zweiten Augenzwinkern aufgelegte Stück
„Nightmare“von Artie Shaw aus dem September 1938.
„Bei mir bistu shein“wurde an dem Abend im Original und einer späteren Version aufgelegt. Ja, es war schön bei ihm und im W 13.