Inhaftierter Straftäter ohne Anspruch auf Pflichtteil
Oberlandesgericht Oldenburg versagt Verurteiltem in Erbstreit Prozesskostenhilfe
Oldenburg – Wer wegen einer schweren Straftat inhaftiert ist, hat wenig Chancen, im Erbfall seinen Pflichtteilsanspruch durchzusetzen. Der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg hat einem Mann, der wegen schweren Raubes in der Justizvollzugsanstalt Meppen inhaftiert ist, keine Prozesskostenhilfe für eine Klage gewährt und damit die Entscheidung der Vorinstanz, das Landgericht Osnabrück, gebilligt.
Von Eltern enterbt
Der Kläger hatte nach dem Tod der Mutter Anspruch auf den Pflichtteil erhoben. Die Eltern hatten den Sohn jedoch in ihrem gemeinsamen Testament ausdrücklich enterbt und verfügt, dass der Sohn
Wer die Mittel nicht hat, eine Klage anzustrengen, kann Prozesskostenhilfe beantragen.
auch keinen Pflichtteil bekommen sollte. Wenn Eltern die Kinder enterben, können die immer noch den Pflichtteil beanspruchen. Der ist halb so groß wie der gesetzliche Erbteil. Wenn der Erblasser also nur ein Kind hinterlässt, das nach der gesetzlichen Erbfolge Alleinerbe wäre, kann es im
Falle der Enterbung immer noch die Hälfte des Erbes beanspruchen. Das gilt aber nur mit Einschränkungen, hat jetzt das Oberlandesgericht Oldenburg in dem aktuellen Fall festgestellt und dem Kläger aus der JVA Meppen Prozesskostenhilfe verweigert. Der Senat sah für die Klage keine Erfolgsaussichten. Die Eltern hatten dem Kläger den Pflichtteil nämlich wirksam entzogen, wie das Oberlandesgericht erläuterte.
Wertvorstellungen
Sie hatten in ihrem Testament den Pflichtteilsentzug damit begründet, dass der Sohn wegen eines schweren Raubes zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden war. Seine Teilhabe am Erbe sei den Eltern auch nicht zumutbar, weil die Straftat den in der Familie gelebten Wertvorstellungen in hohem Maße widerspreche. Dies hatten die Eltern in dem gemeinsamen Testament auch so niedergelegt.
Prozesskostenhilfe können Bürger beantragen, wenn sie die notwendigen Aufwendungen für eine Klage (Gerichtsgebühren, Anwaltskosten) nicht aufbringen können. Es ist nun zweifelhaft, ob der inhaftierte Sohn noch einen weiteren Anlauf unternimmt. Zwei Gerichte hatte die Erfolgsaussichten seiner Klage verneint (Oberlandesgericht Oldenburg, Beschluss vom 8. Juli 2020, Az. 3 W 40/20).
Auch ohne Straftat
Das Oberlandesgericht weist noch darauf hin, dass der Pflichtteil übrigens auch entzogen werden kann, wenn der potenzielle Erbe sich einer schweren Straftat gegen den Erblasser oder eine diesem nahestehende Person schuldig macht – ohne dass eine mehrjährige Freiheitsstrafe verhängt werden muss – oder wenn er seine Unterhaltspflichten gegenüber dem Erblasser böswillig verletzt.