Das erwartet Oldenburger Segler auf Weltreise
So will Boris Herrmann die Regatta „Vendée Globe“bestreiten – Start am 8. November in Frankreich
Les Sables D’olonne – Boris Herrmann wird demnächst seinen täglichen (und nächtlichen Rhythmus) im Vergleich zum Leben an Land gewaltig umstellen. „Ich werde etwa zweieinhalb Monate lang nicht mehr als eine Stunde am Stück schlafen“, sagt der 39Jährige. Der gebürtige Oldenburger, der auf dem Zwischenahner Meer mit dem Segeln begann und seit Jahren in Hamburg lebt, nimmt ab dem 8. November als erster Deutscher an der härtesten Regatta der Welt teil, der alle vier Jahre stattfindenden Vendée Globe. Bei der neunten Auflage starten 33 Boote (27 Männer, sechs
Frauen) von Les Sables d’Olonne an der französischen Atlantikküste, um nonstop einmal die Erde zu umrunden. Die Regeln sind einfach: Jeder ist allein an Bord, physische Hilfe von außen ist nicht erlaubt.
Wie sieht’s mit Essen und Schlaf aus
Herrmann hat 80 nummerierte Tagestüten mit je einer gefriergetrockneten Nahrungsportion und je einer Ration in natürlicher Konsistenz an Bord. „Viel länger sollte ich also nicht brauchen“, sagt er über die Tüten für 80 Tage. Viel Puffer hat er nicht, der Vendée-Globe-Rekord des Franzosen Armel Le Cléac’h – aufgestellt bei der vergangenen Auflage 2016/17 – steht bei 74 Tagen und drei Stunden. Trinkwasser ist genug vorhanden, das Boot verfügt über eine Entsalzungsanlage.
Wenn der Wind gleichmäßig wehe, könne er sich abends hinlegen, sagt Herrmann. Dann werde er allerdings nie länger als 60 Minuten am Stück schlafen. „Danach muss ich zehn Minuten lang die wichtigsten Dinge an Bord kontrollieren“, sagt der einstige Schüler des Neuen Gymnasiums Oldenburg (NGO), „danach schlafe ich dann wieder für eine Stunde“. In einer ruhigen Nacht könne sich dieses Spielchen sechsoder siebenmal wiederholen. „Es wird aber auch unruhige Phasen geben, in denen ich 24 Stunden lang gar keinen Schlaf bekomme“, sagt der Vater einer kleinen Tochter: „Gefährlich ist es, wenn ich ein Schlafdefizit habe. Deshalb muss ich, wenn die Bedingungen es zulassen, auch tagsüber immer wieder schlafen.“
Mit was für einem Boot segelt Herrmann
Die 18,3 Meter lange „Seaexplorer“, die bis zu 620 Quadratmeter
Segelfläche hat, hieß bis vor kurzem noch „Malizia“. Diesen Namen trug das Boot auch, als Herrmann damit im Sommer 2019 die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg von Südengland nach New York brachte. Am Rumpf der „Seaexplorer“sind zwei tragflächen-ähnliche Konstruktionen befestigt, die Foils. Sie sorgen dafür, dass sich das Boot bei entsprechender Geschwindigkeit aus dem Wasser hebt und der Wasserwiderstand so deutlich verringert wird. Würde Herrmann die Regatta auf der kürzest möglichen Strecke absolvieren, hätte er 21 638 Seemeilen (40 075 Kilometer) zurückzulegen. Die vergangenen Vendée-GlobeAuflagen zeigten aber, dass die Teilnehmer aufgrund von Strömungen, Winden und Eis jeweils rund 28 000 Seemeilen (knapp 52 000) Kilometer zurücklegten.
Was ist sonst noch an Bord
Nur das Allernötigste. Denn der Platz ist begrenzt, außerdem soll unnötiger Ballast vermieden werden. Die Essensrationen füllen fünf der zehn Taschen, die der Segler mitnimmt und die insgesamt rund 130 Kilogramm wiegen. In den übrigen fünf sind vor allem Ersatzteile. An Bord sind auch eine Taucherausrüstung und zwei Rettungsinseln. Auch das Thema Klimawandel reist mit: Herrmann hat ein Messgerät installiert, das laufend Wasserproben entnimmt und die Daten verschiedenen Instituten zur Verfügung stellt. Alle Regattateilnehmer wurden außerdem medizinisch geschult, beispielsweise um sich selbst Zahnfüllungen verabreichen zu können. Das Boot ist mit jeder Menge Kommunikationstechnik ausgestattet, Telefonate mit dem Team an Land und mit seiner Frau sind für Herrmann daher möglich.
Was kostet das ganze Projekt
Genaue Zahlen mag Herrmann nicht nennen, es seien aber „mehrere Millionen Euro“nötig. Das Meiste davon kommt von seinen größten Sponsoren, dem Yacht Club de Monaco (Herrmann bestritt mit Pierre Casiraghi, dem Sohn von Prinzessin Caroline, bereits mehrere Regatten) und dem Logistik-Konzern Kühne und Nagel.