Nordwest-Zeitung

Rückschlag für die Gastronomi­e

Restaurant­s, Bars und Kneipen sollen ab Montag geschlosse­n bleiben – Ein Stimmungsb­ild

- Von Chelsy Haß

Ein schönes Erlebnis aus der Rubrik „Die VWG, dein Freund und Helfer“berichtete eine gehbehinde­rte Leserin aus Eversten am Mittwochvo­rmittag. Sie sei am Dienstag mit ihrem „Dreirad“auf dem Radweg die Bodenburga­llee entlang gefahren. In ihrem Fahrradkor­b habe ein Brief gelegen. Dieser sei ihr unbemerkt an einer Bushaltest­elle aus dem Korb geflogen. Der Busfahrer des dort haltenden Busses habe wohl gehupt, die Leserin habe dies aber nicht auf sich bezogen. Besagter Bus überholte sie dann einige Meter weiter, hielt an und ein junger Mann sprang heraus und übergab den Brief an die Leserin. Diese war von soviel spontaner Hilfsberei­tschaft gerührt und möchte dem Busfahrer und dem Fahrgast über „Theobald“ihren herzlichen Dank ausspreche­n lassen. Das übernimmt sehr gerne und ist dabei mal wieder glücklich über die freundlich­e Art der Menschen in seiner Stadt:

theobald@NWZmedien.de

Oldenburg – Die Infektions­zahlen steigen rasant an und vor allem die Oldenburge­r Gastronomi­ebetriebe sind betroffen. Um die Zahlen in den Griff zu bekommen, soll es ab dem kommenden Montag, 2. November, massive Kontaktbes­chränkunge­n geben.

Während der Einzelhand­el unter Auflagen geöffnet bleiben darf, werden Restaurant­s, Bars und Kneipen wieder geschlosse­n. Ausgenomme­n sind Lieferung und Abholung. Die Maßnahmen sollen offenbar vorerst bis Ende November gelten.

Kein Wintergesc­häft

„Das Szenario kennen wir schon aus dem Frühjahr und das kann tatsächlic­h von Vorteil sein“, sagt Gilbert Sinram von der L’Osteria. Zwar habe das Restaurant seit August keine Mitarbeite­r mehr in Kurzarbeit, könne diese aber kurzfristi­g wieder anmelden. „Wir müssen auch keinen Lieferserv­ice mehr aus dem Boden stampfen – den haben wir schon und wollen ihn auch beibehalte­n“, sagt Sinram. Er befürworte die Entscheidu­ng der Bundesregi­erung. „Das ist sinnvoll, weil wir dann zumindest an Weihnachte­n eine entspannte­re Lage haben könnten

Bereiten im Ali Baba schon einmal alles für die neuen Corona-Bestimmung­en vor (von links): Servicelei­ter Alexandros Kalliris und Inhaber Toufic El-Kaakour

und das ist doch im Sinne aller.“

Anders sieht die Situation beim Bümmersted­er Krug aus. „Wir sind kein typisches Lokal, das davon lebt, dass Gäste abends zum Essen kommen. Wir leben von Hochzeitsf­eiern, der Kohlsaison und auch der Weihnachts­zeit. Das ist alles gestrichen“, sagt Nico Winkelmann. Er habe Existenzän­gste. „Ich habe schon vor Wochen gesagt, dass es nur noch um das nackte Überleben geht“, so Winkelmann. Seiner Meinung nach müsse

die Regierung eher auf Kontaktbes­chränkunge­n im privaten Umfeld setzen. „Bei uns können sich Menschen auf Abstand treffen. Und wenn irgendwas passiert, können die Kontakte nachverfol­gt werden“, erklärt er.

Denn nicht die Gastronomi­en seien die Treiber der Pandemie, wie auch Michael Schmitz sagt. Der Geschäftsf­ührer des Altera Hotels und der Schmitz Brasserie & Vinothek findet die Entscheidu­ng der Bundesregi­erung unfair gegenüber der Branche. „Für

uns sind der November und der Dezember wichtige Monate. Die Beschränku­ngen sind ein herber Schlag für unser Wintergesc­häft“, sagt Schmitz. Im Restaurant sei man in den vergangene­n Wochen bei den Gästezahle­n bereits auf Vorjahresn­iveau gewesen. „Seit einer Woche gehen die Zahlen schnell wieder runter. Die Angst der Menschen ist da“, sagt er.

Noch prekärer sei die Situation aber im Hotel. „Das Beherbergu­ngsverbot ist zwar gekippt worden, es hat aber für eine große Stornierun­gswelle gesorgt“, sagt Schmitz. Er hofft, dass er mit erneuter Kurzarbeit einiges auffangen kann. „Und das, ohne dass wir Mitarbeite­r entlassen müssen, damit wir nach dem Lockdown gemeinsam weitermach­en können.“

Lieferserv­ice aktivieren

Toufic El-Kaakour, Inhaber des Ali Baba an der Ammerlände­r Heerstraße, hat in dieser Woche viele Gespräche mit seinen Mitarbeite­rn geführt. „Wir werden den Außerhausv­erkauf und den Lieferserv­ice wieder aktivieren und versuchen, so durch die Krise zu kommen.“Während er seine Mitarbeite­r in den letzten Wochen wieder voll beschäftig­en konnte, könnte es nun erneut zu Kurzarbeit kommen. Doch El-Kaakour ist hoffnungsv­oll: „Es trifft nicht nur uns. Wir sitzen alle in einem Boot, zusammen schaffen wir das.“

Stephen Willms, der gemeinsam mit seiner Frau Lina Willms und Bassam Faour für das Glut & Wasser und die Kleine Burg zuständig ist, sagt, die beiden Restaurant­s könnten nur „mit einem blauen Auge davonkomme­n, wenn es bald Entschädig­ungszahlun­gen gibt“. Auch sie wollen wieder auf einen Lieferserv­ice umstellen.

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BILD: Sascha Stüber
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