Werbe-Coup
Da haben Schortens’ Werbestrategen richtig gute Arbeit geleistet: Die kleine Stadt ist nicht nur Stadtgespräch, sondern dürfte inzwischen bundesweit ein Begriff sein. Ihr Werbepylon, der im vergangenen Jahr am Rand des Gewerbegebiets Branterei aufgetürmt wurde, weist mit seiner Leuchtreklame nicht nur auf einen nahen BurgerBräter, eine Tanke und ein Autohaus hin, sondern trägt den Namen „Schortens“weit in die Welt hinaus. Das war so zwar nicht beabsichtigt – aber ist natürlich umso großartiger.
Obwohl den falsch platzierten Werbeturm angeblich keiner sieht, fällt er allen auf und ist seit einem Jahr immer wieder Aufreger-Thema. Zunächst in den Zeitungen und in den sozialen Medien, dann erkannten die Empörungsbeauftragten des NDR, des ZDF, RTL und Sat 1 die Story und trieben die gleiche Sau zum dritten, vierten und fünften Mal durchs Dorf und machten sich in TV-Beiträgen lustig über Planungsfehler und prangerten angeblich verschwendete Steuergelder an.
Als angebliche Fehlinvestition hat es der 750000-EuroTurm nun auch ganz offiziell in die Bestenliste geschafft: Er steht im Schwarzbuch des Steuerzahlerbundes.
Das ist natürlich totaler Unsinn, denn da gehört er als Negativbeispiel gar nicht hin. Der Turm macht genau das, wofür er gebaut wurde: Werbung. Firmen sind gut beraten, jetzt noch schnell die freien Werbeflächen zu buchen, um dabei zu sein, wenn der Turm das nächste Mal ins Fernsehen kommt. Vielleicht hat den Turm auch Investigativ-Journalist Mario Barth auf dem Kieker.
Im Schortenser Rathaus darf man sich gegenseitig feiern für diesen genialen WerbeCoup.
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In diesem Kinderbett sollte das Neugeborene liegen. Seine Eltern Celine Meiners und Tim Hülsebusch sowie Großmutter Nadine Meiners hoffen, dass er bald nach Hause kommt.
Varel – Vor einer Woche hat die 14-jährige Celine Meiners im Vareler Krankenhaus ihren Sohn zur Welt gebracht, doch das Babybett in ihrer Wohnung bleibt leer: Mitarbeiter des Jugendamtes des Landkreises Friesland haben den Jungen aus dem Krankenhaus abgeholt und in einer Pflegefamilie untergebracht. Gegen diese Entscheidung geht die Familie jetzt mit einem Rechtsanwalt vor und hat sich an den Gemeinnützigen gewandt, um das ihrer Meinung nach unrechte Verhalten öffentlich zu machen.
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Das sagt die Familie
„Wir wollen, dass mein Enkel möglichst bald zu uns in seine Familie kommt“, sagt Nadine Meiners, Celines Mutter. Die Familie lebt mit elf Personen in der ehemaligen Schule in Grünenkamp. Auf 560 Quadratmetern
leben Nadine Meiners und ihr Mann, ihre beiden kleinen Jungs im Alter von fünf und zehn Jahren, ihre beiden 17 und 22 Jahre Söhne aus erster Ehe mit ihren Freundinnen in eigenen Wohnungen, die Großmutter sowie Celine mit ihrem 19 Jahre alten Verlobten Tim Hülsebusch, der bei einem Lohnunternehmen in der Wesermarsch arbeitet.
Auch Celine und ihr Verlobter haben eine kleine eigene Wohnung in dem großen Gebäude. Dort sollte auch ihr Sohn mit einziehen und von seinen Eltern mit Hilfe seiner Großmutter Nadine Meiners aufgezogen werden. „Ich wollte mich um das Kind kümmern und Celine an das Muttersein heranführen“, sagt Nadine Meiners. Doch daraus wurde nichts: Zwei Tage nach seiner Geburt hat das Jugendamt den Jungen in einer Pflegefamilie untergebracht.
Für Celine ein Schock: „Ich
bin fix und fertig“, sagt die 14Jährige. Man habe ihr gesagt, dass sie Abstilltabletten nehmen soll. Sie weigerte sich und pumpt seitdem ihre Milch ab und gibt sie ab, damit die Pflegeeltern ihrem Sohn die Muttermilch geben können.
Als man ihr ihren Sohn weggenommen hat, habe sie darum gebeten, mit ihm in eine Mutter-Kind-Einrichtung zu gehen, wenn sie ihn schon nicht mit nach Hause nehmen darf, berichtet Celine. Aber das sei abgelehnt worden, so die 14-Jährige. Diese Option kommt für sie jetzt auch nicht mehr in Frage, sie möchte, dass der Junge nach Hause kommt.
Die Familie hat geplant, dass der Junge in der Großfamilie aufwachsen und im Alter von einem halben Jahr in eine Kinderkrippe gehen soll. Celine möchte im nächsten Jahr nach ihrem Schulabschluss eine Ausbildung beginnen.
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Das sagt das Jugendamt
„Grundsätzlich arbeitet das Jugendamt familienerhaltend“, sagt Birgit Renken, Leiterin des Jugendamtes des Landkreises Friesland, „wir werden immer erst ambulante Maßnahmen ergreifen, bevor wir Kinder aus den Familien nehmen“. In diesem Fall wie auch in anderen Fällen sei es aber nicht möglich gewesen.
„Wir haben mit der Familie zusammengesessen und sind übereingekommen, dass wir zusammen handeln müssen. Es muss schnellstmöglich ein Gerichtstermin stattfinden, wo geklärt wird, welche Hilfen geeignet sind, um das Kind in die Familie zurückzugeben“, sagt sie.
Grundlage für eine Inobhutnahme sei immer der Verdacht auf eine mögliche Kindeswohlgefährdung, sagt Birgit Renken, „nach einem standardisierten Verfahren gehen unsere Mitarbeiter einheitlich
vor und es wird mehrfach eine Risikoeinschätzung durchgeführt“.
Solche Entscheidungen würden nie von einem Mitarbeiter allein getroffen, sondern von einem multiprofessionellen Team, wobei die Betroffenen immer einbezogen würden. „Das war auch in diesem Fall so“, sagt sie und betont, dass das Alter der Mutter allein kein Kriterium ist, ein Kind in Obhut zu nehmen.
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Das sagt der Anwalt
„Es ist der Hammer, einer stillenden Mutter das Kind wegzunehmen, nur weil sie erst 14 ist“, sagt Anwalt Patrick Katenhusen aus Oldenburg, mit dessen Hilfe Familie Meiners das Kind nach Hause holen will. Er hat das Jugendamt aufgefordert, der Familie den Jungen zurückzugeben und einen Eilantrag auf Rückgabe des Kindes beim Familiengericht gestellt.