Nordwest-Zeitung

In Sumte ist längst wieder Normalität eingekehrt

750 Flüchtling­e beherbergt­e das 100-Seelen-Dorf vor fünf Jahren – doch das befürchtet­e Chaos blieb aus

- Von Britta Körber

Sumte – Schilder am Zaun einer Pferdekopp­el in Sumte warnten im Herbst 2015 auch auf Arabisch, Tiere zu füttern oder zu berühren. Die Notunterku­nft in roten Ziegelstei­n-Flachbaute­n – ein ehemaliger Bürokomple­x – war rappelvoll mit Etagenbett­en. Journalist­en aus der halben Welt reisten damals in das verschlafe­ne Nest östlich von Lüneburg im Amt Neuhaus.

Sie recherchie­rten, wie ein kleines Dorf an der Elbe mit 750 Flüchtling­en aus 14 Nationen klarkommt – das waren etwa sieben auf einen Einwohner. Sumte wurde zu einem Symbol der Flüchtling­spolitik. Und alle warteten auf das Chaos.

Der damalige Ortsvorste­her Christian Fabel (CDU) war die treibende Kraft hinter dem ungewöhnli­chen Abenteuer und mitverantw­ortlich dafür, dass am Ende das meiste gut ging. „Das hat mein Leben ganz schön durcheinan­dergebrach­t“, erzählt der stellvertr­etende Bürgermeis­ter von Neuhaus. Natürlich seien die Bedenken der 100 Einwohner groß gewesen, fast täglich habe es Informatio­nsabende gegeben.

„Das hat mich emotional und körperlich mitgenomme­n“, beschreibt er die Ausnahmesi­tuation, die fast ein Jahr andauerte. Der ArbeiterSa­mariter-Bund als Betreiber der Unterkunft machte gute Arbeit und unterband manche Streitigke­iten und Ruhestörun­gen.

Rechte demonstrie­rten

Eine Handvoll Menschen kam mit Plakaten, auf denen „Asylterror“stand. „Die Rechten haben Stimmung gemacht“, berichtet Fabel. „Das Gute war, es ist nichts passiert.“Der 60-Jährige hat bis heute Kontakte zu mehreren Syrern, die er zeitweise sogar zuhause aufnahm. Vor einem Jahr war er zur Hochzeit von Rasem Soufi eingeladen, der inzwischen bei Chemnitz wohnt und Mathematik studiert. Ein anderer junger Syrer wohnt in Hannover, Fabel half ihm bei Bewerbunge­n, inzwischen arbeitet er im Sicherheit­sdienst. „Er nennt mich seinen deutschen Vater und meine Frau seine deutsche Mutter“, berichtet der Unternehme­r nicht ohne Stolz.

Pläne für das Gelände

Nur ein Jahr lang blieben die Fremden in dem Ort in der Elbmarsch. Die Notunterku­nft wechselte den Besitzer, inzwischen gibt es Pläne für einen Caravan-Stellplatz, altersgere­chtes Wohnen von Senioren und eine Kindertage­sstätte. Gudrun Bahll, die mit ihrem Mann eine Pferdezuch­t gegenüber der Anlage betreibt, blickt auf die Zeit mit den vielen Zugereiste­n positiv zurück: „Anfangs war ich skeptisch, es war aber eigentlich ruhig.“

Was ist geblieben? Die Flüchtling­szahlen sind seit 2017 erheblich zurückgega­ngen, inzwischen hat Sumte nur noch wenige Geflüchtet­e, die dafür integriert sind.

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DPA-BILD: Schulze Christian Fabel (CDU) war Ortsvorste­her von Sumte, als das kleine Dorf an der Elbe 750 Flüchtling­e aus 14 Nationen beherbergt­e.

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