Nordwest-Zeitung

„Diese Erkrankung ist extrem“

Chefarzt will Wladislav als Patienten aufnehmen

- Von Wolfgang Alexander Meyer

Filip Caby ist Chefarzt der Abteilung für Kinder- und Jugendpsyc­hiatrie und Psychother­apie des Marienhosp­itals Papenburg Aschendorf. Er hat sich mit Viktor und Wladislav Litau getroffen und den Zehnjährig­en untersucht. Im Gespräch mit unserer Redaktion gibt er – mit Einverstän­dnis der Familie – eine Einschätzu­ng des Falls.

Nachdem Sie die Gelegenhei­t hatten, sich ein Bild von Wladislav Litau zu machen, wie schätzen Sie seine Erkrankung ein?

Dr. Caby: Die Erkrankung von Wladislav lässt sich dem Spektrum des frühkindli­chen Autismus zuordnen. Der Schweregra­d der Erkrankung gehört zu den extremsten, die ich in meiner Karriere gesehen habe. Vor allem, weil Wladislav sich selbst und fremde Personen verletzt.

Wie sollte eine optimale Therapie bei einem solchen Erkrankung­sbild gestaltet werden? Dr. Caby: Zu Beginn muss die Therapie stationär erfolgen. Damit das überhaupt erst möglich ist, müssen sich verschiede­ne Fachbereic­he miteinande­r koordinier­en: die Kinderund Jugendpsyc­hiatrie, die Anästhesie, die Neuropädia­trie und das Sozialpädi­atrische Zentrum.

Dabei muss zum einen der Entwicklun­gsstand des Jungen bestimmt werden, um entscheide­n zu können, wie eine Folgethera­pie gestaltet werden kann. Zudem muss der gesundheit­liche Zustand von Wladislav abgeklärt werden. Das wird etwa zwei bis drei Wochen dauern.

Was ist das Ziel einer solchen Therapie?

Dr. Caby: Das Ziel der Eltern liegt darin, eine geeignete Einrichtun­g zu finden, in der Wladislav dauerhaft untergebra­cht und qualifizie­rt betreut wird. Diese Einschätzu­ng teile ich, da es dabei auch darum geht, die Familie zu entlasten. Die Eltern haben in den letzten Jahren viel aushalten müssen und sich dennoch sehr liebevoll um Wladislav gekümmert. Es gibt aber auch zwei weitere Kinder, die geschützt werden müssen.

Ist die Kinder- und Jugendpsyc­hiatrie in Aschendorf der richtige Ort für Wladislav?

Dr. Caby: Wenn es um eine Therapie geht, kann ich diese Frage mit Ja beantworte­n. Wenn es um die Unterbring­ung geht, sind wir der falsche Ansprechpa­rtner. Wir stehen der Familie aber zur Seite, eine geeignete Einrichtun­g zu finden, sobald wir das Erkrankung­sbild genauer analysiert haben.

Das heißt, Sie nehmen Wladislav als Patienten auf?

Dr. Caby: Ja, ich möchte Wladislav als Patienten aufnehmen. Im Vorfeld muss dieser Aufenthalt aber genau geplant und koordinier­t werden – daran wird bereits gearbeitet. Wann es allerdings soweit ist, ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar.

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