„Diese Erkrankung ist extrem“
Chefarzt will Wladislav als Patienten aufnehmen
Filip Caby ist Chefarzt der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie des Marienhospitals Papenburg Aschendorf. Er hat sich mit Viktor und Wladislav Litau getroffen und den Zehnjährigen untersucht. Im Gespräch mit unserer Redaktion gibt er – mit Einverständnis der Familie – eine Einschätzung des Falls.
Nachdem Sie die Gelegenheit hatten, sich ein Bild von Wladislav Litau zu machen, wie schätzen Sie seine Erkrankung ein?
Dr. Caby: Die Erkrankung von Wladislav lässt sich dem Spektrum des frühkindlichen Autismus zuordnen. Der Schweregrad der Erkrankung gehört zu den extremsten, die ich in meiner Karriere gesehen habe. Vor allem, weil Wladislav sich selbst und fremde Personen verletzt.
Wie sollte eine optimale Therapie bei einem solchen Erkrankungsbild gestaltet werden? Dr. Caby: Zu Beginn muss die Therapie stationär erfolgen. Damit das überhaupt erst möglich ist, müssen sich verschiedene Fachbereiche miteinander koordinieren: die Kinderund Jugendpsychiatrie, die Anästhesie, die Neuropädiatrie und das Sozialpädiatrische Zentrum.
Dabei muss zum einen der Entwicklungsstand des Jungen bestimmt werden, um entscheiden zu können, wie eine Folgetherapie gestaltet werden kann. Zudem muss der gesundheitliche Zustand von Wladislav abgeklärt werden. Das wird etwa zwei bis drei Wochen dauern.
Was ist das Ziel einer solchen Therapie?
Dr. Caby: Das Ziel der Eltern liegt darin, eine geeignete Einrichtung zu finden, in der Wladislav dauerhaft untergebracht und qualifiziert betreut wird. Diese Einschätzung teile ich, da es dabei auch darum geht, die Familie zu entlasten. Die Eltern haben in den letzten Jahren viel aushalten müssen und sich dennoch sehr liebevoll um Wladislav gekümmert. Es gibt aber auch zwei weitere Kinder, die geschützt werden müssen.
Ist die Kinder- und Jugendpsychiatrie in Aschendorf der richtige Ort für Wladislav?
Dr. Caby: Wenn es um eine Therapie geht, kann ich diese Frage mit Ja beantworten. Wenn es um die Unterbringung geht, sind wir der falsche Ansprechpartner. Wir stehen der Familie aber zur Seite, eine geeignete Einrichtung zu finden, sobald wir das Erkrankungsbild genauer analysiert haben.
Das heißt, Sie nehmen Wladislav als Patienten auf?
Dr. Caby: Ja, ich möchte Wladislav als Patienten aufnehmen. Im Vorfeld muss dieser Aufenthalt aber genau geplant und koordiniert werden – daran wird bereits gearbeitet. Wann es allerdings soweit ist, ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar.