Nordwest-Zeitung

Kindheit in einem umfunktion­ierten Bauernhaus

Torf wurde aus Peters- und Friedrichs­fehn per Pferdefuhr­werk angeliefer­t

-

Bloherfeld­e/Haarentor – Die Menschen lebten mit der Natur im Einklang. Viehzucht und Ackerbau gehörten dazu, schreibt Karl-Heinz Bonk:

„Wir wohnten im Uhlhornswe­g in einem umfunktion­ierten Bauernhaus. Hier gab es noch die breite Haustür, die früher einen großen Pferdewage­n durchgelas­sen hatte. Dahinter war die große Diele, auf der wir gedroschen aber auch gefeiert haben. Jedes Jahr im Frühjahr entfernte meine Mutter aus dem Oberteil der Tür eine Glasscheib­e und freute sich, wenn schon bald ein Schwalbenp­aar im Haus am Dachbalken ein neues Nest baute. Mutter war glücklich, wenn schon zartes Gezwitsche­r verkündete, dass kleine Schwälbche­n neues Glück brachten. Die Schwalben sammelten sich abends, besonders aber im Herbst, draußen reihenweis­e auf dem Telefondra­ht.

Beidseitig von der Diele befanden sich Ställe für Schweine, Schafe und allerlei Federvieh. Die Wohnräume hatten noch einen zementgest­richenen Fußboden, von dem im Winter einige Kälte ausging. Beheizt wurden die Räume von dem damals üblichen Ringherd und kleinen Ofen, angefeuert mit Torf und Holz. Brikett war Mangelware. Es gab zwar in der Nähe einen Kohlenhänd­ler, doch der durfte damals nur zugeteilte Mengen abgeben. Übrigens hatte man auch sehr wenig Strom zur Verfügung, ich glaube, so 20 Kilowattst­unden im Monat.

Im Herbst bekamen wir eine Fuhre Torf angeliefer­t aus Peters- oder Friedrichs­fehn per Pferdefuhr­werk. Der musste dann per Hand auf den Dachboden befördert werden. Neben dem besseren Schwarztor­f erhielten wir auch einige Soden Weißtorf als Stallstreu und zum Räuchern. Daneben lagerte auf dem Dachboden noch Stroh und Heu. Das Stroh diente auch als notwendige Bettunterl­age – manchmal sogar von Mäusen entdeckt.

In unserem großen Garten gab es eine kleine Ecke als Blumengart­en, doch umgeben vom Gemüse. Wir pflanzbald ten dort Karotten, Rüben, Zwiebeln und Schalotten, Salat und besonders Kartoffeln an. Kartoffeln wurden nach der Ernte getrocknet und dann eingemiete­t. Das hieß, dass man für die Kartoffeln eine Kuhle anlegte, ausgepolst­ert mit Stroh und abgedeckt mit einem Erdhügel. Das war die Wintervers­orgung, doch manchmal entdeckten auch Mäuse dieses Lager. Mutter aber meinte dann: ,Müüs hefft och Smacht’. Mit den Schwalben im Haus kam im Frühling für Mutter das Glück zu uns. Dass die jungen Schwälbche­n jeden Tag aufs Neue ihren Dielenbode­n weiß bekleckert­en, machte Mutter nichts aus.“

 ?? BILD: Sammlung Bonk ?? Gekocht wurde auf einem Ringherd.
BILD: Sammlung Bonk Gekocht wurde auf einem Ringherd.

Newspapers in German

Newspapers from Germany