Respekt – und doch bleibt ein merkwürdiges Gefühl
Es befiel einen schon ein etwas merkwürdiges Gefühl. Die Menschen in einer 4800 Besucher fassenden Arena ließen sich beim Agravis-Cup während vieler Prüfungen leicht an den Fingern weniger Hände abzählen. Viele scheuten ein unnötiges Risiko. Auch hatte Turnierchef Kaspar Funke wohlweislich auf ein offensives Ticket-Marketing verzichtet. Und so hallte jeder Hufschlag, jedes Schnauben und jedes Quietschen der Pferde unter dem riesigen Hallendach nach.
Wer das muntere Treiben der Vorjahre kannte, dem überkam diesmal zwangsläufig ein Nachdenklichsein. Die allgegenwärtigen CoronaSchutzmaßnahmen und das strenge Hygienekonzept – gleichwohl unverzichtbar in Zeiten einer tückischen Pandemie und rasant steigender Infektionszahlen – prägten das Bild.
Da stellte sich die Frage: Muss ein so renommiertes internationales Reitturnier unter solchen Umständen überhaupt sein? Die Antwort von Reitern und Veranstalter liegt auf der Hand. Die einen gieren nach Wettkampfmöglichkeiten. Veranstalter Funke denkt an den Fortbestand seines Vorzeige-Turniers, das beim Weltverband FEI anerkannt und gelistet ist. Es geht schließlich, über Jahre betrachtet, um Millionen-Investitionen. Für sie alle war es eine verantwortbare Profisport-Veranstaltung. Offiziell genehmigt.
Mit der sprichwörtlichen deutschen Gründlichkeit wurde das in diesem Jahr sportlich sehr hochwertige Turnier coronamäßig und pannenfrei durchgezogen. Respekt! Das ist die gute Nachricht. Auf die noch bessere Nachricht müssen wir noch warten. Denn erst in fünf, neun oder 14 Tagen wissen wir wirklich, ob das Virus den Agravis-Cup nicht auch als willkommene Quelle der Vermehrung genutzt hat. Spätestens dann stellen sich neue Fragen. Und so bleibt: ein etwas merkwürdiges Gefühl.
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