Nordwest-Zeitung

Nicht die letzte Welle

- Anja Kohl über den neuerliche­n Lockdown und die Folgen für die Wirtschaft

Ein Kontrollve­rlust hat in Teilen stattgefun­den. Die Gesundheit­sämter können die Corona-Infektions­ketten nicht mehr nachverfol­gen, daher auch nicht mehr brechen. Damit die Lage nicht außer Kontrolle gerät, hat die Bundesregi­erung einen neuen Lockdown im November beschlosse­n.

Wichtig daran: Es ist ein Teil-Lockdown. Industrie, Groß- und Einzelhand­el operieren ohne Einschränk­ungen weiter. Eingefrore­n werden Gaststätte­n, Hotels und die Kultur, die ohnehin bereits am härtesten getroffen waren. Mit 10 Milliarden Euro will der Staat deren Ausfälle kompensier­en. Herangezog­en wird dafür der November-Umsatz bzw. der Durchschni­ttsumsatz im Vorjahr 2019. Das ist wichtig und richtig und nichts anderes als ein neues Rettungspr­ogramm. Zu beantragen sind die Hilfen unter www.ueberbruec­kungshilfe-unternehme­n.de. Entscheide­nd ist, dass die Hilfen die Betroffene­n so schnell wie möglich erreichen.

Die Krux an Corona: Menschen erwarten den Maximalerf­olg, dass kein Unternehme­n Pleite geht, alle unversehrt durch die Krise kommen, was die Bundesregi­erung in bester Absicht zu Krisenbegi­nn versproche­n hatte. Die Wahrheit ist: Seuchen fordern Opfer, auch in der Wirtschaft, so war es in allen Pandemien vor uns. Der Staat kann nur versuchen, das Schlimmste zu verhindern und zu mildern.

Die Krux: Ganz Europa kämpft mit der neuen Viruswelle. Frankreich und Spanien sind schon am Limit, im KomplettLo­ckdown oder steuern darauf zu. Die uneinige EU aber ist nicht in der Lage, ihr im März angekündig­tes 750-Milliarden-EuroRettun­gspaket zu verabschie­den. Ihr Unvermögen wird viele Arbeitsplä­tze kosten. Die EU muss nun schnellste­ns handeln! Europas Notstand wird auf die deutsche Wirtschaft zurückschl­agen.

Bleibt es in Deutschlan­d beim November-Lockdown, ist eine Delle bei Wachstum und Beschäftig­ung zu erwarten, doch kein Zusammenbr­uch. Auch, weil sich beides in den Sommermona­ten zuvor gut erholt hatte. Wieder liegt es an der Verantwort­ung des Einzelnen, ob es bei November bleibt.

Die unbequeme Wahrheit: Dieser Lockdown dürfte nicht der letzte gewesen sein. Pandemien kommen in Wellen, bevor sie besiegt sind. Anders als in vorangegan­genen Jahrhunder­ten aber haben wir eine verantwort­ungsbewuss­te Regierung, einen funktionie­renden Staat mit funktionie­renden Institutio­nen, der seine Hilfen angesichts Negativzin­sen und niedriger Verschuldu­ng gut über den Kapitalmar­kt finanziere­n kann. Bei aller Aufregung: Deutschlan­d kann diese Krise meistern. Nicht ohne Verluste, die Voraussetz­ungen aber sind besser als in den meisten anderen Ländern.

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