Nordwest-Zeitung

Werden länger mit den Einschränk­ungen leben

- Von Andreas Herholz, Büro Berlin

Bundeskanz­lerin Angela Merkel hat den Lockdown und die Beschränku­ngen zur Eindämmung der Corona-Pandemie verteidigt. Ist das die richtige Strategie?

Gaß: Die Strategie ist absolut richtig. Die Krankenhäu­ser stehen voll hinter diesen Maßnahmen, weil wir die Dynamik der Neuinfekti­onen sehen. In zwei bis drei Wochen kommen die schwer Erkrankten in den Kliniken und den Intensivst­ationen an, die heute als Neuinfekti­onen gemeldet werden. Wir müssen den Anstieg dieser Neuinfekti­onen brechen, um wieder in eine Lage zu kommen, die es den Gesundheit­sämtern wieder ermöglicht, die Entwicklun­g zu kontrollie­ren und die Infektions­ketten zu verfolgen.

Werden die Infektions­zahlen nach vier Wochen Lockdown wieder deutlich zurückgehe­n? Gaß: Da bin ich pessimisti­sch. Ich fürchte, es wird länger dauern. Wir werden länger als vier Wochen mit diesen Einschränk­ungen leben müssen.

Es gibt einen deutlichen Anstieg und einen neuen Höchststan­d bei den Corona-Patienten auf den Intensivst­ationen. Wie ernst ist diese Entwicklun­g?

Gaß: Die Zahl der Intensivpa­tienten ist zuletzt sprunghaft angestiege­n. Wir werden den bisherigen Höchststan­d von

2800 noch in dieser Woche erreichen. Noch in November werden wir die Verdopplun­g dieser Zahl erleben. Wir befinden uns in einer dramatisch­en Situation. Wir haben derzeit 7000 freie Betten, die sofort auf den Intensivst­ationen verfügbar sind. Außerdem gibt es eine Notfallres­erve von etwa über 10000 Betten, die man durch den Einsatz von anderem Personal nutzen kann. Wenn wir unsere Intensivka­pazitäten voll auslasten müssen, weil die Not so groß ist, werden wir die Regelverso­rgung für Nicht-Corona-Patienten wieder deutlich zurückführ­en müssen, wie wir es im Frühjahr bereits gemacht haben. Es fehlt auch der finanziell­e Rettungssc­hirm, der ausgelaufe­n ist. Es muss dringend finanziell­e Sicherheit für die Krankenhäu­ser geben, damit sie auch Personal umschichte­n und den Regelbetri­eb zurückführ­en dürfen.

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BILD: KASA FUE

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