„Das Rathaus kann weg!“
Michael P. Hopp legt Band mit 52 Oldenburg-Geschichten vor
Oldenburg – Über das schöne Rathaus am Markt macht sich heute keiner mehr Gedanken. Dabei schlugen die Wellen vor dem Bau hoch – einschließlich Bürgerinitiative. Das geplante Rathaus sei „ein katastrophales Verkehrshindernis“, hieß es 1886 (!). Mit nur einer Stimme Mehrheit bestimmte der Stadtrat am Ende doch den Markt als Standort, und nicht den von den Bürgern favorisierten heutigen Cäcilienplatz.
Ausgegraben – als eine von 52 Oldenburg-Geschichten aus historischen Quellen – hat die Episode Michael P. Hopp. Die herrliche Sammlung ist gerade erschienen unter dem Titel „Das Rathaus kann weg!“im Isensee-Verlag (158 Seiten, 12,80 Euro).
Der neue Band wimmelt von netten kleinen Fundstücken. So hätte beinahe der große Matthias Claudius („Der Mond ist aufgegangen“) 1775 bei Herzog Friedrich August einen Job gefunden. Denn Claudius war dringend auf bezahlte Arbeit angewiesen. Aber die Vermittlung klappte nicht – obwohl sich kein Geringerer als Johann Gottfried Herder bei Friedrich August für ihn stark gemacht hatte.
Matthias Claudius landete stattdessen in hessischen Diensten. Aber nur für ein paar Monate, dann war finito. Im Zeugnis über sein dortiges Wirken liest man: „Er war aber zu faul, mochte nichts tun als Vögel singen hören, Klavier spielen und spazieren gehen, konnte die hiesige Luft nicht vertragen, verfiel in eine tödliche Krankheit und ging von selbst zu den Seekrebsen wieder zurück.“
Es sind Episoden, Momente, Geschichtchen, Geschichten und Begebenheiten wie diese, alle mit einem mittelbaren oder unmittelbaren Bezug zum Oldenburgischen, die Michael P. Hopp als Herausgeber ausgewählt und bearbeitet hat (Vorgängerband: „Der Lappan soll weg!“). Gefunden hat er sie im Archiv von Isensee und der Landesbibliothek. Alle spiegeln die alltägliche und die sonntägliche Welt von Stadt und Land in längst vergangenen Zeiten. Sie zeigen, wie auch damals hier das normale, pralle Leben herrschte. Hopp sagt: „Es ist ein abwechslungsreiches, buntes Mosaik aus Interessantem und Kuriosem, aus Nachdenklichem und Vergnüglichem, wie eine italienische Suppe aus verschiedenen Gemüsen. Es soll kein ,So war es von A bis Z’ sein, sondern unterhalten, zum Schmunzeln bringen und auch für ein paar Aha-Effekte sorgen, nicht akademisch, sondern als kleiner Schmöker.“Alles in allem die richtige Lektüre für Leute, die immer schon wissen wollten, was Helene Lange am meisten am Kramermarkt liebte, warum hier Uniformknöpfe gegen Obst getauscht wurden, wie es sich mit der „Stadt der Mopeds“verhielt oder die Mondscheinfahrt einer jungen Schauspielerin nach Oldenburg verlief.