Nordwest-Zeitung

Nach den Morden gab’s erstmal Frühstück

Verbrechen aus Oldenburgs Vergangenh­eit – Heute: Eltern und Bruder im Schlaf getötet

- Von Susanne Gloger

Oldenburg – Wäre er doch bloß nicht so fest eingeschla­fen! Dann hätte im Haus an der Karlstraße 2 vielleicht kein Blut fließen müssen. In der Nacht zum 22. Februar 1910 tötete der 20-jährige Adolf Denker seinen Vater Gerhard, seine Mutter Margarethe und seinen Bruder Jonny in deren Betten. Eigentlich wollte Adolf seine Eltern „nur“bestehlen. Doch dann klingelte der Wecker. Und die Familie musste „ruhiggeste­llt“werden.

Von dieser grausigen Tat eines durch und durch kriminelle­n jungen Mannes erzählt Dirk Faß in seinem Buch „Wahre Kriminalge­schichten aus dem Oldenburge­r Land (1)“. Auch Helmuth Meinken greift den Fall in seinem Buch „Mörder – Henker – Spökenkram“auf. Er lässt die Geschichte von der Tante des Täters schildern: der Witwe Helene Schlee, die in der Achternstr­aße 8 wohnte. Ebenfalls ein Tatort Denkers. Zum Glück, kann man sagen. Denn sonst wäre ihm die Polizei wohl nicht so schnell auf die Schliche gekommen.

Kriminelle Karriere

Als Intensivtä­ter würde man Adolf Denker heute bezeichnen. Seine kriminelle Karriere startete er im Alter von 16 Jahder

So sah die Innenstadt zur Zeit der Morde aus: Das Foto von 1910 zeigt die Einmündung zur Achternstr­aße, in der damals die Tante des Täters wohnte.

ren mit der Unterschla­gung von 18 Mark im Betrieb seines Lehrherrn, Kaufmann Adolf Helms in Nadorst. Er entkam mit einem gestohlene­n Fahrrad, wurde in Osnabrück erwischt und vom Amtsgerich­t Oldenburg das erste Mal bestraft.

Sein Vater, einst Polizist, dann Buchhalter, setzte sich für Adolf ein. Er sorgte dafür, dass der Sohn seine Lehre fortsetzen konnte. Aber der hielt

nicht lange durch. Auch eine Stelle als Schreiber verließ er schon bald – mit dem Monatsgeha­lt, ohne Wissen seiner Eltern und verschwand nach Hannover, um ein abenteuerl­iches Leben zu führen.

Durch Schwindele­ien, Unterschla­gungen, Diebstähle und Unterschri­ftenfälsch­ung kam Adolf Denker zu Geld, um es schnell zu verprassen. Opfer waren auch seine Eltern. Wegen schwerer Urkundenfä­lschung

wurde er im Oktober 1909 vom Landgerich­t Hannover zu sechs Wochen Gefängnis verurteilt. Kaum zurück in Oldenburg machte er mit seinen Gaunereien weiter.

Die Nacht der BlutTat

Um Bares ging es Adolf Denker auch, als er am Abend des 21. Februar 1910 in das Haus seiner Tante einbrach. Doch da war nichts zu holen. Aber

Kriminelle war ja flexibel. 400 bis 500 Mark, so vermutete er, bewahre sein Vater zu Hause auf. Ob Denker von Anfang an vorgehabt hatte, seine Familie zu töten, darüber gab er später unterschie­dliche Angaben. Fakt ist: Er hatte sich einen Dolch besorgt und auch ein Beil lag in der Tatnacht griffberei­t.

Um 6 Uhr klingelte der Wecker im Zimmer des Bruders Jonny. Der schlief zwar trotzdem weiter. Da er aber auf keinen Fall beim Diebstahl stören sollte, schlug Adolf mit dem Beil auf ihn ein und stach mehrfach mit dem Dolch zu. So erging es auch seinen Eltern. Sie hatten keine Chance. Adolf wusch sich, zog sich an und frühstückt­e dann erst mal. Er wischte noch seine blutigen Fußspuren weg, fand lediglich 24 Mark und wollte verschwind­en. Doch draußen warteten zwei Polizisten, die ihn eigentlich wegen des Einbruchs bei seiner Tante befragen wollten. Auf der Polizeiwac­he kam dann heraus, welch grausame Tat der junge Mann begangen hatte.

Das Schwurgeri­cht zu Oldenburg verurteilt­e Adolf Denker im Juni 1910 zum Tode (wegen des Bruders) und zu zweimal lebensläng­lich (wegen der Eltern). Das Fallbeil fiel am 18. Oktober 1910 in der Strafansta­lt Vechta.

Jeden Mittwoch stellen wir einen Kriminalfa­ll aus Oldenburg vor. Alle Folgen unter

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BILD: www.alt-oldenburg.de

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