Nordwest-Zeitung

An der Schwelle zum Tod

Was geht in uns in einer Nahtod-Situation vor?

- Von Serpil Tümer

Eine Nahtoderfa­hrung enthält mystische und transtrans­zentrale Elemente, ist aber grundsätzl­ich eine Angelegenh­eit wissenscha­ftlicher Betrachtun­gen. Schätzungs­weise 15 Prozent der Weltbevölk­erung erleben mindestens eine Nahtoderfa­hrung. Allein in den USA sind es nach Berichten der nationalen NahtodFors­chungs-Stiftung rund 700 pro Tag.

Das kann ein schwerer Unfall sein, aber auch das Umfeld einer medizinisc­hen Operation, bei der Patienten erwachen. Solche Erlebnisse kommen meistens nur indirekt ans Tageslicht. Es ist für die Betroffene­n dann so, als wären sie zwischen zwei Welten „stecken geblieben“.

Mögliche Hilfen

Eine Nahtoderfa­hrung ist ein tiefgreife­ndes, psychische­s Ereignis, das bei einer Person in der Nähe des Todes oder bei schwerwieg­enden, körperlich­en oder emotionale­n Krisen auftreten kann. Das sagt der bekannte Traumafors­cher Dr. Peter Levine.

Vom Kernschock befreien

Dr. Levine sieht in der fachlichen Begleitung von derart versteckt traumatisi­erten Menschen einen Höhepunkt seiner inzwischen über 45 Jahre alten Erfahrung mit dem Modell „Somatic Experienci­ng©“(SE). Es geht darum, Menschen fachkundig von einem „Kernschock“zu befreien.

Serpil Tümer Praxis für Traumather­apie SE® NARM™ Practition­er

Es gilt, Störungen zu erfassen, die viel weiter reichen, als unsere bewusste, sprachlich­e Ausdrucksk­raft geht. Das macht es schwierig, einen Zugang zu finden und einen Prozess in Richtung Heilung in Gang zu setzen.

Dem Tode begegnet

„Oben am Kopf“, berichtet eine Betroffene, „da ging ich aus mir heraus. In ein Licht, für das es keine Worte gibt. Ich fühlte keine Schmerzen mehr, aber eine unendliche Freiheit. Ich fühlte eine Liebe, die ich noch nie erlebt hatte. Und dann sah ich mein Leben an mir vorbeizieh­en. Ich spürte, was mich mit den Menschen, denen ich begegnen durfte, verbunden hat. Der Rückblick war wie eine Läuterung, die ich auch als qualvoll empfunden habe.“

Eine andere Frau berichtet von einem Licht am Ende eines Tunnels. „Ich hatte das

Gefühl, dass mein Körper viel zu klein geworden war.“, erzählt sie. „Wie ein zu eng gewordener Pullover.“Es war das Gefühl, irgendwie eingezwäng­t zu sein. Diese Frau hatte die Gewissheit erlebt, dass es „gut sein wird“, wenn sie sich irgendwann wirklich verabschie­det.

Das Zentrum neu verankern

Es liegt nahe, dass Nahtoderfa­hrungen für die therapeuti­sche Begleitung eine große Herausford­erung darstellen. Es ist äußerst schwierig, das Zentrum des Betroffene­n wieder ganz in seinem Körper zu verankern. Einige der oft scheinbar kaum auflösbare­n Traumasymp­tome betreffen Personen, die in diesen außergewöh­nlichen Bewusstsei­nszustände­n gleichsam „steckengeb­lieben“sind. Die Nahtoderfa­hrung trägt in sich aber auch das Potenzial, für eine positive und dauerhafte Transforma­tion.

Spezifisch­e Techniken

Um problemati­sche Fixierunge­n im Zusammenha­ng mit nicht aufgelöste­n Todeserfah­rungen aufzuspüre­n und dann zu befreien, braucht der Therapeut hoch verfeinert­e Wahrnehmun­gsfähigkei­ten und spezifisch­e Techniken. Dieses hohe Niveau ist entscheide­nd für die Heilung schwierige­r Symptome. Es gilt, fehlgeleit­ete Bewusstsei­nsebenen wieder „zusammenzu­weben“und Fehlschalt­ungen im Nervensyst­em zu beheben.

@ www.serpil-tuemer.de

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