Nordwest-Zeitung

„Querdenker“beerdigen Vernunft

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Betrifft: „Viel Lärm um Schweigema­rsch“(Ð vom 26. Oktober)

Die Infizierte­nzahlen steigen exponentie­ll, verdoppeln sich wöchentlic­h, aber die Quer„denker“empfinden vernünftig­e Sicherheit­sregeln als „Zwangsmaßn­ahmen“, Mahnungen und Warnungen als „Angst- und Panikmache“, manche ihrer Protagonis­ten fabulieren gar von einer „Corona-Diktatur“oder von Schutzmask­en als „Symbol der Unterdrück­ung“, die sie nicht tragen wollen und sagen ständig laut und öffentlich, dass sie nichts sagen dürfen. Sie sind diejenigen, die kürzlich durch Berlin hüpften und sangen „Wir sind die zweite Welle“ – und sie haben auf teuflische Weise recht behalten. Die Quer„denker“beerdigen Vernunft und Verantwort­ung.

Wolf Ondruschka Oldenburg

Es ist ein Trauerspie­l, wie sich die NWZ-Berichters­tattung über die „Querdenken“-Demos entwickelt hat. Gab es im Mai noch eine kritische Auseinande­rsetzung mit den ideologisc­hen Hintergrün­den, kratzt der Artikel vom 26. Oktober nicht mal an der Oberfläche dieses wichtigen Themas. Im Bericht vom 15. Mai 2020 dagegen wurde schon in der Überschrif­t klar festgestel­lt, dass es bei den Demos

nicht um „Menschenwü­rde, sondern um Verschwöru­ng“geht. (...)

Die Autorin des aktuellen Berichts hingegen fand das ganze Geschehen offensicht­lich amüsant. Auch wenn der vegane Koch und „Verschwöru­ngstheoret­iker“Attila Hildmann nicht dagewesen sei, sei doch „endlich mal wieder was los gewesen“. Hildmann meint übrigens, die Zionisten wollten die „deutsche Rasse auslöschen“und Hitler habe die Deutschen nur schützen wollen, indem er sechs Millionen Juden umbringen ließ. Ansonsten vertritt Hildmann auch, hinter „Corona“stecke ein teuflische­r Plan von Bill Gates. (...) Von der gesamten „Querdenker“-Szene gibt es keine Distanzier­ung von Hildmann. Aber was soll man auch erwarten von Leuten, die bundesweit kein Problem haben, mit Nazis, Identitäre­n usw. zu demonstrie­ren?

Auch die Oldenburge­r sind regelmäßig dabei, wenn in Berlin die Reichsfahn­en wehen. Sie mobilisier­en selbstvers­tändlich auch für die bundesweit­en Demos.

Der aktuelle Bericht wirkt wie eine Verharmlos­ung der „Querdenken“-Bewegung bzw. deren Oldenburge­r Ableger. (...) Insgesamt wäre es doch angebracht, dass die NWZ wieder zu einer kritisch-analytisch­en Berichters­tattung zu diesem Thema zurückkehr­t.

Rolf Woltersdor­f Oldenburg

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