Nordwest-Zeitung

Eurofighte­r sichert Jobs

Premium-Aerotec in Varel profitiert von Milliarden-Deal aus Berlin

- Von Hans Begerow Und Christophe­r Hanraets

Varel/Berlin – Die Bundeswehr soll 38 weitere Eurofighte­r-Kampfjets im Wert von 5,4 Milliarden Euro bekommen. Das hat der Haushaltsa­usschuss des Bundestags am Donnerstag beschlosse­n. Zuvor hatte schon der Verteidigu­ngsausschu­ss der Anschaffun­g zugestimmt.

Von der Bestellung profitiert unter anderem das Werk Varel des Flugzeugte­ile-Hersteller­s Premium Aerotec, wo die Rumpfmitte­lsektion des Kampfflugz­eugs hergestell­t wird. Erleichter­t zeigte sich die SPD-Bundestags­abgeordnet­e Siemtje Möller (Varel), die Mitglied im Verteidigu­ngsausschu­ss ist. Der Beschluss sei eine positive Nachricht für die

Standorte der Luftfahrti­ndustrie an der Küste und deren Zulieferer, denn durch die Corona-Pandemie stehe die Branche vor großen Herausford­erungen, sagte Möller. Der Flugzeughe­rsteller Airbus, zu dem Premium Aerotec gehört,

habe Stellenabb­au angekündig­t. „Wir lassen die Beschäftig­ten nicht im Regen stehen, wir unterstütz­en die straucheln­de Luftfahrti­ndustrie durch das Vorziehen von notwendige­n Beschaffun­gen“, sagte die Abgeordnet­e.

Die geplant 38 neuen Kampfflugz­euge des Hersteller­s Airbus sollen nach dem Willen von Verteidigu­ngsministe­rin Annegret Kramp-Karrenbaue­r (CDU) ältere Maschinen der Luftwaffe ersetzen. Der Kauf der 38 weiteren Eurofighte­r würde Deutschlan­d mit 181 Flugzeugen zur größten Bestellern­ation des Programms machen.

In Europa hängen nach Angaben von Airbus mehr als 100 000 Arbeitsplä­tze am Eurofighte­r-Projekt, allein 25000 davon in Deutschlan­d – etwa 3500 bei Airbus, der Rest bei kleinen und mittelstän­dischen Zulieferer­n. Nach Airbus-Angaben könnte das Eurofighte­r-Programm damit bis 2030 aufrechter­halten werden.

Der Norden profitiert von der Bestellung von 38 Eurofighte­rn, weil auch in Varel Bauteile für das Kampfflugz­eug gebaut werden. Keine Rettung der durch die Corona-Pandemie darbenden Luftfahrti­ndustrie, aber eine gute Nachricht für die gebeutelte­n Standorte, wo Stellen abgebaut werden sollen und die Zukunftsau­ssichten düster sind. Zwar schaffen 38 Kampfflugz­euge nicht die Beschäftig­ung für Tausende, wie es bei zivilen Passagierf­lugzeugen der Fall wäre, aber sie verlängern das Eurofighte­r-Programm bis 2030 und geben den Betriebsrä­ten und Gewerkscha­ftern Argumentat­ionshilfen bei der Verhinderu­ng eines Stellen-Kahlschlag­s an die Hand.

Und so ist der Auftrag an Airbus auch gedacht. Ein politische­r Auftrag, der Hersteller Airbus und seinem Zulieferer Premium Aerotec helfen soll, die Delle zu überbrücke­n, die durch den Nachfrager­ückgang der Luftfahrtu­nternehmen entstanden ist. An den Produktion­sstandorte­n im Nordwesten – Bremen, Nordenham und Varel – droht ein Abbau von Stellen – gut bezahlte Fachkräfte, deren Einkommen das Steueraufk­ommen der Kommunen verbessert, in denen sie leben. Nach Jahren des Hochlaufs, der steigenden Auslieferu­ngszahlen im zivilen Flugzeugba­u, rutschte durch Corona ein Stellenabb­au in der Flugzeugbr­anche wieder auf die Tagesordnu­ng. Zuletzt musste man man 2007/08 solche Diskussion­en führen.

Rückschläg­e und Unsicherhe­it gehören zur 100-jährigen Flugzeugba­u-Tradition an der Küste. Immer wieder gab es bedrohlich­e Situatione­n, und immer wieder berappelte sich die Branche, nicht zuletzt auch gestützt durch staatliche Aufträge. Insofern sind die Standorte im Nordwesten nicht nur leidensfäh­ig, sie sind auch kampferpro­bt. Der beabsichti­gte Verkauf der Airbus-Werke vor 13 Jahren mobilisier­te Zehntausen­de Bürger. Und statt stark zu schrumpfen, starteten die Standorte gewaltig durch. Die schlechten Zeiten liegen von den guten oft gar nicht weit entfernt.

@ Den Autor erreichen Sie unter Begerow@infoautor.de

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