Was ein Präsident Biden für die Welt bedeuten würde
Von einem Machtwechsel in den USA erhoffen sich viele Verbündete radikalen Kurswechsel
Berlin/Brüssel – Vier Jahre lang hat US-Präsident Donald Trump mit seinem „America first“die Weltordnung durcheinandergewirbelt. Nun deutet vieles auf eine Ablösung durch Joe Biden hin. Viele Verbündete erhoffen sich von dem 77-Jährigen einen radikalen Kurswechsel: eine USAußenpolitik, die wieder auf internationale Verträge setzt und auf Zusammenarbeit statt Twitter-Tiraden, wirtschaftlichen Druck und Sanktionen. Das würde ein Machtwechsel bedeuten für...
■ Deutschland
Das deutsch-amerikanische Verhältnis ist auf einem Tiefpunkt. Trump hat den Nato
Verbündeten und wichtigen Wirtschaftspartner Deutschland in erster Linie als Kontrahenten betrachtet. Dass mit einem Wechsel im Weißen Haus wieder alles gut wird, glaubt aber kaum jemand in Berlin. Auch Biden würde auf eine Erhöhung der deutschen Verteidigungsausgaben dringen und wahrscheinlich auch weiter versuchen, die Ostseepipeline Nord Stream 2 zwischen Deutschland und Russland auszuhebeln. Auch der von Trump angekündigte Abzug von einem Drittel der rund 36 000 stationierten USSoldaten wird wohl nicht wieder ganz rückgängig gemacht.
Eines würde sich aber auf jeden Fall ändern: der Umgang miteinander. Gut möglich, dass Biden sehr bald nach einer Vereidigung im Januar Europa – und dann auch Deutschland – besuchen wür
de. Trump war kein einziges Mal in Berlin.
■ Europa
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen beschrieb vorige Woche, was sie sich von einem US-Präsidenten in den nächsten vier Jahren wünscht: mehr Engagement für das regelbasierte multilaterale System, mehr Zusammenarbeit beim Klimaschutz und „zur Verteidigung unserer Werte“. Also alles, wo Trump nicht mitzog. Stattdessen klagte er, die EU sei nur gegründet worden, um die USA auszunutzen. Biden will eine „respektierte Führungsrolle auf der Weltbühne“einnehmen. Er bekennt sich zu enger Abstimmung mit Bündnispartnern, wie es im „Biden-Plan zur Führung der demokratischen Welt“heißt. Weiter heißt es darin: „Zusammen können und müssen sich Demokratien gegen den Aufschwung von Populisten, Nationalisten und Demagogen stellen.“
■ Welthandel
Es wird nicht damit gerechnet, dass Biden die US-Sonderzölle auf Importe aus Europa einfach aufhebt – weder die gegen Airbus wegen regelwidriger Subventionen noch die Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte. „Als Präsident werde ich erst dann neue Handelsabkommen schließen, wenn wir in die amerikanischen Bürger investiert und sie für den Erfolg in der Weltwirtschaft gerüstet haben“, versprach er im Wahlkampf.
■ WELTordnung
Biden will ausdrücklich weg von Trumps erratischen Alleingängen. Er hat zum Beispiel einen „Globalen Gipfel für Demokratie“angekündigt. Vor allem aber will er in wichtige internationale Abkommen zurück. Zuallererst ins Pariser Klimaabkommen, das die USA an diesem Mittwoch auf Trumps Wunsch verließen. Biden will eine klimaneutrale USA bis 2050. Auch das von Trump verworfene Abkommen zur Verhinderung einer iranischen Atombombe soll gerettet werden.