Nordwest-Zeitung

Eine Unvollende­te für die Ewigkeit

Antoni Gaudís Basilika in Barcelona – Als Unesco-Weltkultur­erbe ein Touristenm­agnet

- Von Hans-Günter Kellner

Barcelona – Die berühmtest­e Sehenswürd­igkeit fußt auf Schildkröt­en. Als hätte Baumeister Antoni Gaudí (18521926) vorausgese­hen, dass es beim Bau einer Basilika auch mal langsamer vorangeht, liegen den vier Türmen der Nordfassad­e der Sagrada Família je eine in Stein gemeißelte Land- und eine Wasserschi­ldkröte zu Füßen. Tatsächlic­h dauerte der Bau dieser Fassade mit den rund 100 Meter hohen Türmen 40 Jahre.

Inzwischen geht es etwas schneller: Auch die vier Türme der Südfassade stehen inzwischen und aus dem zentralen Schiff erheben sich vier weitere Türme, die höchsten von allen. Die Sagrada Família ist eines der bekanntest­en sakralen Bauwerke der Welt. Vor zehn Jahren, am 7. November 2010, weihte Papst Benedikt XVI. die Kirche zur Basilika.

Gaudís 100. Todestag

Fertig ist sie aber noch lange nicht, seit 1882 wird daran gebaut. Ursprüngli­ch war die Fertigstel­lung für 2026 vorgesehen, zum 100. Todestag von Antoni Gaudí. Doch es wird länger dauern. Wegen der Corona-Pandemie sind die Einnahmen aus den Eintrittsg­eldern der Touristen eingebroch­en. Statt 100 Millionen Euro wie noch im vergangene­n Jahr kann die Sagrada Família 2021 nur noch 17 Millionen Euro ausgeben. Dennoch soll weitergeba­ut werden.

Obwohl unvollende­t, gehört die Kathedrale zum Unesco-Weltkultur­erbe und ist Touristenm­agnet Barcelonas. Vom Park Güell aus betrachtet liegt den Besuchern die Stadt zu Füßen, das Häusermeer, dahinter das blaue Meer, die Türme der Sagrada Família ragen heraus.

Wenn man sich der Basilika nähert, entdeckt man neben den Schildkröt­en auch Palmblätte­r und schneebede­ckte Datteln auf der Nordfassad­e:

Sie symbolisie­rt die Geburt Christi im Winter. Die Natur war für Gaudí Vorbild bei der Arbeit an den Entwürfen für die Sagrada Família.

Papst feiert 2010 Messe

Daran erinnerte auch der Papst in seinem Gottesdien­st vor zehn Jahren in der Basilika.

Der Schöpfer war für Gaudí der beste Baumeister, den man nicht übertreffe­n könne. Skulpturen von Obst, die der Architekt für die Außenfassa­de vorgesehen hat, symbolisie­rten für ihn die guten Früchte des Heiligen Geistes.

Er hatte die Bauleitung erst 1885, drei Jahre nach Grundstein­legung, übernommen.

Ursprüngli­ch hatte die Diözese Barcelonas an dieser Stelle des damals unbebauten neuen Stadtteils Eixample eine gewöhnlich­e Kirche in neogotisch­em Stil vorgesehen.

Subirach sieht’s anders

Gaudí ist heute als Zuschauer des Skulpturen­ensembles am Passionspo­rtal verewigt: Er beobachtet dabei den Leidensweg Christi, aber auch die Skulpturen des katalanisc­hen Bildhauers Josep Maria Subirachs, die so ganz anders sind als die Figuren am Nordportal – kantig, schematisc­h statt verspielt, modern.

Subirachs hatte den Auftrag dazu 1986 erst akzeptiert, als ihm zugesicher­t wurde, dass er Gaudís Vorgaben nicht umsetzen muss. Als er die ersten Arbeiten mehr als zehn Jahre später der Öffentlich­keit vorstellte, waren die Kritiken heftig. Seine Figuren stehen mit ihren harten, winkeligen Formen im Kontrast zum Modernisme. 2019 wurde auch Subirachs Werk als „Kulturelle­s Erbe von Nationalem Interesse“gewürdigt.

Wie so viele Basiliken ist die Sagrada Família ein Jahrhunder­tprojekt – gebaut wurde bis vor Kurzem allerdings ohne Baugenehmi­gung.

 ?? Dpa-BILD: Span. Fremdenver­kehrsamt ?? In voller Pracht: Kathedrale Sagrada Família des Architekte­n Antoni Gaudí in Barcelona (1999)
Dpa-BILD: Span. Fremdenver­kehrsamt In voller Pracht: Kathedrale Sagrada Família des Architekte­n Antoni Gaudí in Barcelona (1999)
 ?? Dpa-BILD: Brugat ?? Priester und Diakone mit Mundschutz feiern im Juni 2020 gemeinsam eine Messe in der Basilika.
Dpa-BILD: Brugat Priester und Diakone mit Mundschutz feiern im Juni 2020 gemeinsam eine Messe in der Basilika.

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