Parlament statt Kungelrunde!
Es ist nicht zu übersehen: Corona bewirkt üble Machtverschiebungen in der Politik und leistet totalitären Fantasien Vorschub.
Corona-Entscheidungen werden heute in der Regel von einer Runde getroffen, die das Grundgesetz überhaupt nicht vorsieht: einer Versammlung der Ministerpräsidenten und der Kanzlerin. Darauf hat jüngst der ehemalige Verfassungsrichter Hans-Jürgen Papier in der „Neuen Zürcher Zeitung“hingewiesen. Folge: Die Parlamente, die eigentlichen Herzkammern der Demokratie, werden schleichend entmachtet. Parlamentarismus heißt aber so, weil die vom Volke gewählten Parlamente entscheiden – und zwar nach breiter, intensiver, öffentlicher Debatte – und nicht unkontrollierte, intransparente Kungel-Runden nach Art geheimer Konzilien. Ganz besonders gilt das, wenn es um so einschneidende Regelungen geht wie derzeit. Das mag mühsam sein, sichert aber Freiheiten. Wer es im Namen technokratischer Effizienz-Vergötterung nicht will, denkt antiparlamentarisch.
Die Parlamente allerdings haben sich selbst weitgehend aus dem Spiel genommen. Widerstand gegen sanfte Machtübernahme der Exekutive blieb ein laues Lüftchen. Paradox: Corona-Maßnahmen werden zwar diskutiert– aber immer erst nachher. Die Abgeordneten haben schlicht versagt. Unterdessen steht das Volk wie der Ochs vor dem neuen Tor, schicksalsergeben erwartend, was Kanzlerin und Ministerpräsidenten da ausgebrütet haben und ihm überhelfen werden.
Dieser Lage hilft auch ein Gesetz nicht ab, das die Merkel-Koalition in den kommenden Tagen durch den Bundestag peitschen wird. Darin schafft sie nachträglich eine parlamentarische Rechtsgrundlage für Einschränkungen der Freiheit, wie wir sie heute schon kennen – hebelt aber gleichzeitig für die Zukunft die Mitbestimmung der Parlamente über Einzel
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maßnahmen aus. Es handelt sich damit um ein simples Ermächtigungsgesetz.
De-Parlamentarisierung produziert bei politisch Verantwortlichen gedankliche Ausflüge ins Totalitäre. Der SPD-Mann Karl Lauterbach möchte denjenigen, die „illegal“Freunde empfangen, ein Rollkommando ins Haus schicken.
Was dem Roten recht erscheint, ist dem Schwarzen heutzutage billig. Thomas Röwekamp, CDU-Fraktionschef in der Bremer Bürgerschaft, fordert, jeder müsse verpflichtet werden, die CoronaApp auf dem Handy zu installieren. Wer sich weigert, solle bestraft werden. Außerdem müsse der Staat per App die Kontakte eines jeden „nachverfolgen“können.
Aber warum so zögerlich, Herr Röwekamp? Warum nicht jedem einen Chip implantieren? Der würde totale Kontrolle über den widerspenstigen Bürger gewährleisten und das Problem der Nachverfolgbarkeit endgültig erledigen. Allerdings auch die Freiheit des Einzelnen.
Wollen wir das alles? Wenn nicht gilt es, derartige Hygiene-Hysterie zu stoppen – und vor allem, sämtliche wichtigen Corona-Entscheidungen ins Tageslicht der Parlamente zurück zu bringen.
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