Nordwest-Zeitung

Politik will Querdenker­n Grenzen zeigen

Scharfe Kritik vom Bundespräs­identen – Bundesjust­izminister­in fordert härteres Vorgehen

- Von Birgit Zimmermann Und Stefan Idel

Leipzig/Berlin/Hannover – Die massenhaft­e Missachtun­g der Corona-Regeln bei der „Querdenken“-Demonstrat­ion am Samstag in Leipzig sorgt weiter für scharfe Kritik. „Rücksichts­losigkeit ist kein Freiheitsr­echt“, sagte Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier am Dienstag in Berlin. „Wo einige Zehntausen­d Menschen die Auflagen missachten, die Regeln verspotten und weder auf Abstand achten noch Masken tragen, da werden Grenzen überschrit­ten.“

Gefährdung

Das Demonstrat­ionsrecht sei ein hohes Gut, betonte Steinmeier zum Auftakt einer Gesprächsr­unde mit Covid-19Genesene­n. Die Gesellscha­ft müsse sich über Mittel und Wege der Pandemiebe­kämpfung öffentlich auseinande­rsetzen. Demonstrat­ionen

müssten möglich sein. „Aber die Demonstrat­ionsfreihe­it ist nicht die Freiheit zur Gefährdung anderer.“

Bundesjust­izminister­in Christine Lambrecht (SPD) forderte ein härteres Vorgehen bei Verstößen auf Anti-Corona-Demos. „Wenn Demonstrat­ionen stattfinde­n, aber klar ist, dass gegen Auflagen verstoßen wird, dann müsse zügig und konsequent aufgelöst werden“, sagte sie im RTL/n-tv

„Frühstart“. Nur so seien die Corona-Einschränk­ungen in anderen Bereichen zu rechtferti­gen. „Wie soll ich denn jemandem erklären, dass die Hochzeitsf­eier aufgelöst wird, weil man sich nicht an Auflagen hält, aber bei Demonstrat­ionen lässt man es laufen?“

Begrenzung

In Sachsen wurde am Dienstag Konsequenz­en aus

der „Querdenken“-Demo gezogen. Für Kundgebung­en mit mehr als 1000 Teilnehmer­n müssen künftig weitergehe­nde Maßnahmen getroffen werden, um das Infektions­risiko zu reduzieren, teilte Regierungs­sprecher Ralph Schreiber mit. Bislang sieht die sächsische Coronaschu­tz-Verordnung bei Versammlun­gen allein das Tragen einer MundNasen-Bedeckung vor. Am Samstag trugen laut Polizei jedoch 90 Prozent der DemoTeilne­hmer keine Maske. Auch der Leipziger Stadtrat wird sich am Mittwoch mit den Geschehnis­sen befassen. Linke, Grüne und SPD haben dringliche Anfragen eingereich­t.

Radikalisi­erung

Niedersach­sens Innenminis­ter Boris Pistorius (SPD) warnte unterdesse­n vor einer Radikalisi­erung von CoronaLeug­nern. „Der Einfluss von Rechtsextr­emisten auf die Szene und die Demonstrat­ionen gegen die Corona-Maßnahmen kann nicht wegdiskuti­ert werden und er darf nicht unterschät­zt werden“, sagte er in Hannover. Der SPD-Landtagsab­geordnete Deniz Kurku (Delmenhors­t) erklärte am Dienstag, Hunderte bundesweit bekannte Neonazis und Hooligans hätten sich an der „Querdenker-Demo“am Wochenende in Leipzig beteiligt. In der Corona-Krise witterten Extremiste­n ihre Chance.

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BILD: LausitzNew­s/imago Wimmelbild in Coronazeit­en: Zehntausen­de versammelt­en sich am Samstag bei der „Querdenken“-Demo auf dem Leipziger Augustuspl­atz.

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