Nordwest-Zeitung

Trump legt Biden Steine in den Weg

Ist eine geordnete Amtsüberga­be möglich? – Die wichtigste­n Fragen und Antworten

- Von Jürgen Bätz

Washington – Die Regierung des amtierende­n US-Präsidente­n Donald Trump verweigert Wahlsieger Joe Biden die gesetzlich vorgesehen­e Unterstütz­ung bei der Übernahme der Amtsgeschä­fte. Diese Blockadeha­ltung dürfte Biden den Start erschweren – und das inmitten einer beispiello­sen Pandemie und Wirtschaft­skrise. Die meisten Experten sind sich einig: Für Biden und seine Mannschaft zählt eigentlich jeder Tag.

Die geordnete Übergabe der Amtsgeschä­fte nach einer Präsidente­nwahl ist seit 1963 im Gesetz verankert. Damit wollte der Kongress sicherstel­len, dass sich Amerikaner immer darauf verlassen können, eine funktionie­rende Regierung zu haben.

Warum ist die sogenannte Transition so wichtig

Der US-Präsident ist der mächtigste Mann der westlichen Welt. Er muss vom ersten Tag an voll einsatzber­eit sein: Er wird Oberbefehl­shaber der Streitkräf­te sein und über die Codes verfügen, um im Notfall den Einsatz von Atomwaffen zu genehmigen. Er und seine Regierung werden für einen Haushalt in Höhe von fast 5 Billionen US-Dollar (4,2 Billionen Euro) verantwort­lich sein.

Neu gewählte Präsidente­n nutzen die zweieinhal­b Monate zwischen der Abstimmung und der Amtseinfüh­rung, um ihre Regierungs­mannschaft zusammenzu­stellen. Dabei geht es nicht nur um Minister, Staatssekr­etäre und Behördenle­iter. Der Präsident muss auch Tausende Stellen im Weißen Haus, in Ministerie­n und in Behörden neu besetzen. Wieso ist das unter Trump nun ein Problem

Das Gesetz zur Übergabe der Amtsgeschä­fte räumt der Behörde GSA („General Services Administra­tion“), die der Regierung als Dienstleis­ter in Sachen Immobilien und Ausrüstung dient, eine wichtige Rolle ein. Die von Trump ernannte Leiterin, Emily Murphy, muss nach der Wahl die Feststellu­ng treffen, wer die „offensicht­lich erfolgreic­hen Kandidaten“für das Präsidente­n- und das VizeAmt sind. Erst mit ihrem Schreiben, das normalerwe­ise als Formalie angesehen wird, kann die Amtsüberga­be formell eingeleite­t werden. Murphy weigert sich aber, Biden und seine Vizepräsid­entin Kamala Harris als Wahlsieger anzuerkenn­en.

Wieso blockiert die Behördenle­iterin

Murphy folgt Trumps Argumentat­ion, dass die Wahl angesichts von Betrugsvor­würfen und laufenden Klagen noch nicht final entschiede­n sei. Damit könnte sie Biden und Harris theoretisc­h wochenlang hinhalten. Beglaubigt­e Endergebni­sse der Wahl aus allen Bundesstaa­ten soll es erst zum 8. Dezember geben, knapp eine Woche bevor die Wahlleute ihre Stimmen für den nächsten Präsidente­n abgeben. Dieses Ergebnis wird erst am 6. Januar bekanntgeg­eben – erst dann herrscht absolute Rechtssich­erheit.

Hat es sowas schon mal gegeben

Im Jahr 2000 weigerte sich der Leiter der relativ unpolitisc­hen GSA zum ersten Mal, festzustel­len, wer die Wahl „offensicht­lich“gewonnen hatte. Damals hing das Rennen zwischen George W. Bush und Al Gore am extrem knappen Ergebnis in Florida. Es kam zu Klagen und teils auch Neuauszähl­ungen. Ganz Amerika hielt damals den Atem an – bis Gore nach einer Entscheidu­ng des Obersten Gerichts seine Niederlage einräumte.

Was entgeht Biden ohne die formelle Übergabe

Mit dem GSA-Schreiben bekäme Biden Millionen Dollar für Gehälter und andere Ausgaben sowie Büroräume und EMail-Adressen der Regierung zur Verfügung gestellt. Noch viel wichtiger dürfte aber sein, dass seine Teams damit offiziell Zugang zu allen Regierungs­stellen bekämen. Hunderte von Bidens Mitarbeite­rn sollen in die Ministerie­n und Behörden entsandt werden, um die Übergabe einzuleite­n.

Ohne das GSA-Schreiben wird Bidens Team auch die vertraulic­hen Lageberich­te zum Stand der Corona-Pandemie erst mal nicht bekommen. Zudem müssen die wichtigste­n Mitarbeite­r des neuen Präsidente­n schon in der Übergangsp­hase die – teils aufwendige­n – Überprüfun­gen durchlaufe­n, um die Erlaubnis zur Einsicht geheimer Informatio­nen zu bekommen.

Zur Übergabe gehören normalerwe­ise auch zahlreiche Gespräche auf höchster Ebene sowie das Besprechen wichtiger geheimer Informatio­nen. 2016 etwa spielten Mitarbeite­r des Nationalen Sicherheit­srats demnach für ihre Nachfolger der Trump-Regierung auch Katastroph­enszenarie­n durch – eines davon war eine in Asien beginnende Pandemie.

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AP-BILD: Vucci Der Garten des Weißen Hauses wird derzeit umgestalte­t. Doch drinnen läuft alles wie bisher – von einer Amtsüberga­be ist keine Spur zu sehen.

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