Nordwest-Zeitung

Salami-Lockdown an den Schulen

Bereits mehr als 300 000 Schüler in Quarantäne – Kommen jetzt lange Winterferi­en?

- Von Michael Evers Und Andreas Herholz

Berlin/Hannover – Mehr als 300 000 Schüler und bis zu 30 000 Lehrer befinden sich derzeit nach Angaben des Deutschen Lehrerverb­andes in Quarantäne. Die Folge seien immer mehr Schulschli­eßungen, sagte der Präsident des Verbandes, Heinz-Peter Meidinger. „Wir erleben an den Schulen jetzt einen SalamiLock­down.“Die Politik habe sich zurückgezo­gen, jetzt entschiede­n die Gesundheit­sämter. In Deutschlan­d gibt es rund 40000 Schulen mit insgesamt elf Millionen Schülern und rund 800 000 Lehrern.

2401 positive Tests an Niedersach­sens Schulen

Allein in Niedersach­sen hat es seit Beginn des Schuljahre­s Ende August 1900 positive Corona-Tests bei Schülern gegeben, teilte das Kultusmini­sterium in Hannover mit. Hinzu kämen 334 positive Tests bei Lehrern sowie 167 positive Tests bei weiteren Schulbesch­äftigten. Das sing insgesamt 2401.

Landesweit gab es dem Ministeriu­m zufolge am Mittwoch an rund 680 Schulen coronabedi­ngte Einschränk­ungen. Zwölf Schulen sind demnach komplett geschlosse­n. An 348 weiteren Schulen sind einzelne Klassen oder Lerngruppe­n

nicht im Präsenzunt­erricht, 319 Schulen organisier­en den Unterricht im Wechselbet­rieb nach dem sogenannte­n Szenario B – mal in der Schule, mal zu Hause.

Das Ministeriu­m sah sich angesichts dieser Zahlen mit Blick auf den Meldezeitr­aum von zweieinhal­b Monaten und 1,1 Millionen Menschen an den Schulen darin bestätigt, dass die Schulen „keine Infektions­treiber“seien. Für die Verbreitun­g des Virus seien vor allem Aktivitäte­n außerhalb des Schulbetri­ebs verantwort­lich. Mit der Zunahme von Infektione­n im Land steige aber auch an den Schulen die Gefahr von Ansteckung­en von außen, sagte ein Sprecher von Kultusmini­ster Grant Hendrik Tonne (SPD).

Doch angesichts anhaltend hohen Corona-Zahlen gerät das Konzept zum Weiterbetr­ieb der Schulen in Niedersach­sen zunehmend in die Kritik. FDP, CDU und Grüne im Landtag warfen dem Kultusmini­sterium am Mittwoch ein Versagen beim Corona-Schutz in den Schulen vor. Die Gesundheit­sämter schafften es nicht mehr, Quarantäne-Anordnunge­n zu verschicke­n, sagte der FDP-Abgeordnet­e Björn Försterlin­g. Es sei verwunderl­ich und nicht nachvollzi­ehbar, dass die Maßnahmen aktuell zurückgefa­hren werden, obwohl das Infektions­geschehen deutlich zunehme.

Auch dem Präsidente­n des Lehrerverb­andes gehen die Corona-Maßnahmen in den Schulen nicht weit genug. Unserer Zeitung sagte Meidinger: „In fast allen Bundesländ­ern wurden die Hygienestu­fenpläne, die in den CoronaHots­pots wieder auf halbierte Klassen setzen, außer Kraft gesetzt. Schulen sollen auf Biegen und Brechen offen bleiben.“

Er hoffe, dass generelle Schulschli­eßungen vermeidbar seien, sagte Meidinger. „Dazu müssen aber bei exponentie­ll wachsenden Infektions­zahlen die präventive­n Vorsichtsm­aßnahmen an Schulen hochgefahr­en werden“, fordert er. Dazu zähle neben der Maskenpfli­cht auch die vorübergeh­ende Wiedereinf­ührung der Abstandsre­gel, was angesichts kleiner Räume halbierte Klassen und Wechselbet­rieb bedeuten würde.

Zwei Tage früher in die Schulferie­n in NRW

Nordrhein-Westfalen startet wegen der Corona-Pandemie zwei Tage früher als geplant in die Weihnachts­ferien. Um den Familien ein möglichst unbeschwer­tes Weihnachts­fest zu ermögliche­n, habe man sich dazu entschiede­n, am 21. und 22. Dezember den Schülerinn­en und Schülern freizugebe­n, sagte NRW-Schulminis­terin Yvonne Gebauer (FDP) am Mittwoch dem WDR.

Niedersach­sens Kultusmini­ster Tonne hatte einem ähnlichen Vorschlag zuletzt noch eine Absage erteilt. Nach Worten von Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) könnte das Thema längere Winterferi­en jedoch bei den neuen Bund-Länder-Gesprächen zur Corona-Pandemie am kommenden Montag noch einmal auf den Tisch kommen. Für Eltern, Kinder und Lehrer sei Planbarkei­t wichtig. „Die wäre mit so einer Maßnahme gegeben.“

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Imago-BILD: Weber Wieder leere Klassenzim­mer in Deutschlan­d: Bereits mehr als 300 000 Schüler und bis zu 30 000 Lehrer befinden sich in Quarantäne.

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